Immobiliengeschäft im Alter Einen Teil des eigenen Hauses verkaufen?
DÜSSELDORF · Was Verbraucherschützer zu einer in Mode kommenden Methode sagen, das Altersruhegeld aufzubessern.
„Ein sorgenfreies Leben genießen“ – „Verwirklichen Sie sich Ihre Lebensträume“ – „Nutzen sie auf clevere Art den Geldwert Ihrer Immobilie“. Seit ein paar Jahren drängen Banken und sonstige Finanzdienstleister mit vollmundiger Werbung und einem verlockend erscheinenden Angebot auf den Markt: Sie werben bei Immobilieneigentümern darum, dass diese ihnen einen Teil ihres Hauses oder ihrer Wohnung verkaufen sollen.
Das Versprechen
Die Zielgruppe dieses Geschäftsmodells „Teilverkauf“: Ältere Menschen, die ihre Altersvorsorge im eigenen Heim stecken haben, aber nicht über genügend liquide Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Angesichts der steigenden Preise ein zunehmendes Problem. Oder es werden in der entsprechenden Werbung die Menschen mit der Aussicht angesprochen, sich im Rentenalter ganz einfach mit einem großen Geldbetrag einen besonderen Wunsch erfüllen. So zeigt etwa der Werbefilm einer Bank, wie Senioren im Wohnmobil auf einer Küstenstraße fahren oder glücklich ein Tänzchen in ihrer luxuriös modernisierten Küche machen. Das Geld dafür soll es durch einen Teilverkauf der Immobilie geben.
Die Idee
Wie soll das funktionieren? Die Idee: Man verkauft für ein ansehnliches Sümmchen einen Teil seines Hauses oder seiner Eigentumswohnung, bleibt aber trotzdem dort wohnen. Als Gegenleistung kassiert der Käufer des Anteils ein jährliches oder monatliches Nutzungsentgelt. Mit Teilverkauf ist dabei nicht etwa gemeint, dass nur das Arbeitszimmer oder das Wohnzimmer verkauft wird. Sondern ein ideeller Teil des Hauses, je nach Vereinbarung zwischen zehn und 50 Prozent des Gesamtwertes.
Ein Beispielsfall
Im Podcast der Bafin (Bundesanstalt für die Finanzdienstleistungsaufsicht) erklärt Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen das anhand eines Beispiels: Ein Ehepaar, beide über 60 Jahre alt, wohnt in einem abbezahlten Haus im Wert von 450 000 Euro. Die beiden verkaufen einen Anteil von 25 Prozent an die Bank und bekommen dafür entsprechend 112 500 Euro ausbezahlt. Wie bisher wohnen sie in dem Haus, müssen aber als Gegenleistung für die Nutzung des an die Bank verkauften Viertels ein Nutzungsentgelt bezahlen. Dieses orientiert sich an dem verkauften Anteil, hier also den 112 500 Euro. Davon werden pro Jahr 5 bis 7 Prozent Nutzungsentgelt berechnet. Geht man von 5 Prozent aus, sind das in einem Jahr 5625 Euro.
Die Haken an der Sache
Auf diese Weise sind bereits nach zehn Jahren (dann wird neu über die Höhe des Nutzungsentgelts verhandelt, denn der Bank gehört der 25-Prozent-Anteil ja weiterhin) 56.250 Euro bezahlt worden. Gut die Hälfte des von dem Ehepaar vereinnahmten Geldes ist also schon nach zehn Jahre wieder weg. Und auch für die Zeit danach müssen weitere Zahlungen einkalkuliert werden. Schon bei dem vereinbarten Nutzungsentgelt hätte der Käufer des Anteils (die Bank) nach 20 Jahren bereits seinen Kaufpreis zurückbezahlt bekommen – und wäre weiterhin Eigentümer des 25-Prozent-Anteils.
Hinzu kommt aber noch dieser Nachteil für die Anteilsverkäufer, auf den auch die Verbraucherzentrale NRW aufmerksam macht: Wirtschaftlich gesehen ist es ja so, dass die Verkäufer des Immobilienanteils diesen „zurückmieten“. Während aber ein normaler Mieter von seinem Vermieter verlangen könnte, anfallende Instandhaltungskosten zu tragen, ist es bei dieser Art Vertrag genau anders herum. Der Verkäufer des Anteils soll für die komplette Immobilie die Instandhaltungskosten, insbesondere fällig werdende Reparaturen oder auch die Grundsteuer, bezahlen. Obwohl ein Viertel des Hauses doch einem anderen (Bank oder Finanzdienstleister) gehören, der sich aber gerade nicht daran beteiligt.
Und was ist, wenn die Hausbewohner sich irgendwann entscheiden, das Häuschen ganz an einen Dritten zu verkaufen – etwa, weil sie ins Pflegeheim müssen? Natürlich sind auch solche Möglichkeiten in den Verträgen vorgesehen. Aber hier lauern weitere Fallen. Beziehungsweise Klauseln, mit denen sich der Finanzanbieter abgesichert hat. Etwa die sogenannte Werterhaltungsklausel. Damit lässt sich der Käufer des Anteils zusichern, dass er auch bei einer eventuellen Wertminderung der Immobilie einen bestimmten Mindestwert für seinen Anteil erhält. Beispiel: Wenn das Haus am Ende verkauft wird, will die Bank den Kaufpreis zurückhaben, den sie einst gezahlt hat – plus 17 Prozent. Wird der Preis am Markt aber nicht erzielt, müssen die Eigentümer des Hauses (oder ihre Erben) diese Garantie erfüllen.
Auch gibt es laut Verbraucherzentrale NRW im Falle des späteren Komplettverkaufs diverse Gebühren, die sich die Ankäufer der Anteile zusichern lassen. Da werden dann noch mal sogenannte Abwicklungsvergütungen oder Durchführungsentgelte fällig.
Der Rat der Verbraucherschützer
Verbraucherschützerin Katharina Lawrence rät nicht nur, vor einem ins Auge gefassten Vertragsabschluss die bis zu 50 Seiten dicken Verträge mit Fachleuten durchzugehen, etwa mit einem Anwalt oder der Verbraucherzentrale. Sondern auch genau zu kalkulieren, was da im Einzelnen an Kosten anfällt und wie diese Kosten im Verhältnis zu dem in Aussicht gestellten Geldbetrag stehen. Auch solle man überlegen, ob es nicht andere einfachere Wege für die Immobilieneigentümer gibt, zu Geld für die laufenden Lebenshaltungskosten zu kommen. Konkret: ein Kredit von einer Bank, für den man die Konditionen verschiedener Institute vergleichen sollte.
Die Kollegen von Lawrence bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen argumentieren: „Wenn Sie sich bei Ihrer Bank Geld in Höhe von bis zu 50 Prozent des Immobilienwertes leihen, dann sind je nach Bonität Top-Konditionen möglich.“ Gegenüber einem Nutzungsentgelt könne das auch angesichts der weiteren beschriebenen Probleme ein „sehr viel preiswerteres Geschäft“ sein. Die Verbraucherschützer: „Auch wäre denkbar, dass Sie für Ihre Immobilie einen Käufer finden und mit ihm einen Mietvertrag schließen, der sicherstellt, dass Sie auf Dauer in Ihrer alten Immobilie wohnen können. Einige Kaufinteressenten sind womöglich auch bereit, die Immobilie zu einem Marktpreis abzüglich eines Preises für ein lebenslanges Nießbrauchsrecht übernehmen.