Erwachende Geister: Breslau wird Kulturhauptstadt
Berlin (dpa/tmn) - Breslau (Wroclaw) wird 2016 Europäische Kulturhauptstadt. Mit sechs Millionen Besuchern rechnen die Organisatoren für das gesamte Jahr, mehrere Hundert Veranstaltungen stehen auf dem Programm, wie das Polnische Fremdenverkehrsamt mitteilt.
Offizieller Start des Kulturhauptstadtjahrs soll am 16. und 17. Januar 2016 sein. Zum Auftakt ist eine Performance geplant: Dabei erwachen in vier Stadtteilen die vier Geister der Religionen, der Innovation, des Wiederaufbaus und des Hochwassers zum Leben. Die vier überdimensionalen Figuren machen sich auf den Weg zum zentralen Marktplatz und bilden dort eine 14 Meter hohe Installation. Die Regie bei dem Projekt übernimmt der britische Performance-Künstler Chris Baldwin, der dafür mehrere Hundert Freiwillige einbeziehen will.
Zusammen mit Breslau ist San Sebastian in Nordspanien Kulturhauptstadt. Daran knüpft „Tamborrada“ am 20. Januar an - ein Event, bei dem es ausdrücklich laut zugeht: So sollen am Tag des Heiligen Sebastian etliche Breslauer nach baskischem Vorbild kostümiert als Köche, Wasserträgerinnen oder Soldaten aus napoleonischer Zeit trommelnd durch die Stadt ziehen. Musik ist ein Schwerpunkt im Programm des Kulturhauptstadtjahres. Geplant sind etwa Veranstaltungen wie das Chortreffen Singing Europe im Hochsommer und mehrere Musikfestivals wie Jazz an der Oder.
Am 1. Mai sollen Tausende Gitarrenspieler auf dem Marktplatz „Hey Joe“ von Jimi Hendrix anstimmen. An gleicher Stelle will der Pink-Floyd-Gitarrist David Gilmour gemeinsam mit dem polnischen Jazzpianisten Leszek Mozdzer am 25. Juni ein Konzert geben. Das neue Nationale Musikforum, Polens modernstes Konzerthaus, ist einer der wichtigsten Veranstaltungsorte.
Am 18. Februar beispielsweise ist das Nationale Symphonieorchester aus Washington zu Gast - zusammen mit dem chinesischen Pianisten Lang Lang. Die Breslauer Oper plant zum Kulturhauptstadtjahr eine Aufführung im XXL-Format: Mehr als 500 Künstler treten am 18. Juni im Breslauer Stadion bei einer Inszenierung von Georges Bizets „Carmen“ auf.
Zum Abschluss des Kulturhauptstadtjahres ist Chris Baldwin noch gefragt: Am 17. Dezember sind Künstler unter anderem aus Deutschland, Frankreich Israel und Großbritannien in der zum Weltkulturerbe zählenden Hala Stulecia (Jahrhunderthalle) gemeinsam auf der Bühne. Der Titel der Performance lautet „Niebo“ („Himmel“) - sie soll Wroclaw als europäische Stadt präsentieren, die allen gehört, die dort leben oder gelebt und ihre Spuren hinterlassen haben.
Der ebenfalls zum Weltkulturerbe gehörende Vier-Kuppel-Pavillon aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wird ab 2016 ein neues Museum für zeitgenössische Kunst. Ausgestellt werden dort unter anderem Skulpturen von Magdalena Abakanowicz, Werke des Bühnenbildners Tadeusz Kantor oder Bilder von Jerzy Nowosielski. Auf dem benachbarten Parkgelände soll sich eine Freilichtgalerie mit polnischen Skulpturen des 20. und 21. Jahrhunderts anschließen.