Achtung, wild: Tarzan in der Hafenstadt
Die Elbe spielt die Hauptrolle in der Hafen City, ein Affenmensch im Musical.
Hamburg. "Marina, Marina, Mariina - du bist ja die Schööönste der Welt!" Raue Männerstimmen, die nostalgische Seemanns-Lieder vortragen, von Liebe und Fernweh künden. Genau so hat sich Hafen-Nostalgie auf Hamburgisch anzuhören - zumindest für eine Landratte aus dem Süden. Die drei Musiker tun den Besuchern ihrer Stadt den Gefallen: Mit braun gebrannten Gesichtern und Kapitänsmützen auf dem Kopf haben sie noch mehr musikalische Touristenklischees auf Lager: "What shall we do with the drunken sailor", schallt es über den Landungssteg des Hamburger Hafens.In der Luft liegt der Duft von Diesel, Salz, Fisch.
Ein Stück weite Welt kann der Hamburg-Besucher auch auf den Bühnen der Stadt erleben - etwa im Musical "Tarzan" im Theater Neue Flora, in dem der Urwald inklusive seiner archaischen Wildheit an der Elbe zum Leben erwacht. Den ewigen Kampf des Guten gegen das triebhaft Böse erzählen die Darsteller, indem sie akrobatische Höchstleistungen vollbringen. Sie stoßen sich an Bungee-Seilen hängend immer wieder von der grünen Bühnenbild-Konstruktion ab und schwingen hoch über den Köpfen der Zuschauer durch das Theater.
Dumpfe Urwaldtrommeln und die eingängige Musik von Phil Collins lassen das Publikum vollends eintauchen in die wild-romantische Liebesgeschichte um den Affenmenschen Tarzan und seine Jane, die sich auch in der Hansestadt am Ende für den unkonventionellen Weg entscheidet.Eher am Rande befasst sich dagegen das Internationale Maritime Museum mit dem Leben ungewöhnlicher Frauen: Ende des 17. Jahrhunderts verbreiteten mit Anne Bonny und Mary Read auch Piratinnen - in Männerkleidern - Angst und Schrecken auf den Meeren der Karibik. Dies ist allerdings nur ein interessantes Detail, denn in der Hauptsache gilt es in dem Schifffahrtsmuseum die größte maritime Privatsammlung der Welt von Peter Tamm mit 36000 Miniaturschiffsmodellen zu bewundern.
Neben dem weltweit einzigen Modellschiff aus Gold ist hier eine Miniatur des Kreuzfahrtschiffs Queen Mary 2 ausgestellt, das aus einer Million Lego-Bausteinen besteht. Wer abends noch nicht genug hat von Schiffen, geht am besten im TUI Operettenhaus an Bord eines Luxus-Kreuzers - im Musical "Ich war noch niemals in New York".
An der Waterkant des Hamburger Hafens schreit die kräftige Männerstimme nicht gegen den Wind auf hoher See, sondern gegen das Quietschen der Bremsen der nahen U-Bahn 3, das gemächliche Tuckern eines Kleinflugzeugs und das Knattern von Barkassen-Dieselmotoren an. Längst prägen hier auch nicht mehr breitbeinige Matrosen auf Landgang, die nach leichten Mädchen Ausschau halten, das Bild, sondern Touristen: Jungfamilien mit quengelnden Kleinkindern, kichernde Teenager, die Currywurst und Fischfrikadelle verdrücken."Die Worte links und rechts verbannt ihr jetzt mal aus eurem Sprachgebrauch, stattdessen gilt nur noch backbord und steuerbord", erklärt Mara, sobald die Landratten an Bord des Hafenrundfahrtschiffs gegangen sind.
Sie hat leicht reden, hat Mara doch die Seemannssprache quasi mit der Muttermilch eingesogen: Ihr "Dad" fuhr einst als Kapitän zur See. "Früher bestimmten Ebbe und Flut den Rhythmus der Stadt, dann kam die Zeit, in der nur noch jene den Hafen wahrnahmen, die hier arbeiteten", erzählt die Hamburgerin. Eins der größten innerstädtischen Bauprojekte Europas soll einen der größten Häfen der Welt wieder ins Stadtleben integrieren: Hafen City. Deutschlands Hafen zur Welt erfindet sich immer wieder neu.