Shanhai Chinas heimliche Hauptstadt
Die 17-Millionen-Metropole am Mündungsdelta des Yangtzekiangs ist ideal als Einstieg in das Reich der Mitte. Modernes Leben und Jahrtausende alte Kultur liegen dort dicht beieinander.
Shanghai. Wer das erste Mal in Chinas heimlicher Hauptstadt ist, sollte sich ein Ticket für den Hop-On-Hop-Off-Bus kaufen. Es gibt kaum eine bessere, bequemere und billigere Möglichkeit, sich einen Überblick über die Mega-City zu verschaffen. Die Linien Orange, Rot und Grün fahren auf drei gut durchdachten Routen die beiden durch den Fluss Huangpu geteilten Stadthälften Puxi und Pudong ab. Eine Tageskarte kostet 40 Yuan, das sind ungefähr fünf Euro. Dafür kann man so oft ein-, aus- und umsteigen, wie man will und bekommt sogar Informationen auf Deutsch.
Besonders eindrucksvoll ist die Fahrt entlang des 2,6 Kilometer langen Bundes, der berühmten Uferstraße. Wie an einer Perlenkette reihen sich dort imposante Gebäude aus der europäischen Kolonialzeit aneinander. Und gegenüber, auf der anderen Seite des Flusses, protzt das moderne China mit seinen Wolkenkratzern. Ein Kontrast, an dem man sich nicht sattsehen kann.
Eine gelungene Alternative, um einzelne Viertel genauer unter die Lupe zu nehmen, ist eine Fahrt im Motorrad-Beiwagen. Das ist zwar nicht ganz billig, dafür kann man aber auch die Route selbst festlegen und gelangt in weniger touristische Gebiete. Besonders die historische Altstadt lässt sich so gut erkunden.
Neben dem herausgeputzten Kern, der ein bisschen an Disneyland erinnert, gibt es schmale Gassen, in denen gelebt wird wie vor 100 Jahren. Die Bewohner brutzeln vor ihren Häusern ziemlich alles, was genießbar zu sein scheint — zumindest aus ihrer Sicht.
Nach der Fahrt bietet sich der Panorama-Blick über die gesamte Skyline aus der Lobby des Shangri-La Hotels Pudong an. So spart man sich den Eintritt für die Aussichtsplattform des World Financial Centers, dem mit 101 Stockwerken höchsten Gebäudes Chinas, das gleich nebenan steht.
Nun ein etwas genauerer Blick auf die chinesische Kulinarik: Sieht man beispielsweise von Hund, der tatsächlich noch Bestandteil der südchinesischen Regionalküche „Yue“ ist, oder Affenhirn, das angeblich gut für das eigene Hirn sein soll, einmal ab, so ist die chinesische Küche vielleicht die beste der Welt. Essengehen in Shanghai gehört demnach zu einer der größten Attraktionen.
Die Stadt bietet in mehr als 1000 Restaurants praktisch alle erdenklichen Gerichte der verschiedenen Provinzen. Nichts schmeckt angeblich mehr nach Shanghai als die Xiaolongbaos, mit Brühe und Fleisch gefüllte Teigtaschen. Die Brühe entsteht beim Dämpfen durch Zugabe gekühlter Fleisch-Gelatine. Das Restaurant „Nan Xiang Xiaolong Mantou“ am „City God Temple“ in der Altstadt ist dafür eine gute Adresse, besteht schon länger als 100 Jahre und ist an den langen Schlangen vor der Tür zu erkennen. Am besten geht man mittags hin. Abends bietet sich das ehemalige französische Viertel Xintiandi mit zahlreichen Restaurants und Bars an.
In Xintiandi, dem europäisch anmutenden Stadtteil, lässt sich auch hervorragend in kleinen Boutiquen stöbern. Ein schlechtes Gewissen muss man nicht haben, denn Shanghai hat vergleichsweise wenig Sehenswürdigkeiten. Dafür aber umso mehr Shoppingcenter: Eines für Schmuck, eines für Stoff mit den dazugehörigen Maßschneidern und eines nur für Elektroartikel und Computer. Kürzlich hat sogar eine Mall eröffnet, in der es nur Brillen gibt „Eye Glasses City“.
Unschlagbar günstig ist der „Fake Market“. Wer durch die vier Etagen spaziert, sieht genau, was trendbewusste Frauen und Männer gerade tragen: bunte Armbänder aus Brasilien, Designertaschen aus Italien oder Jacken aus Norwegen. Was hierzulande 500 Euro kostet, ist dort mit 50 Euro ausgezeichnet — und wer gut handeln kann, bekommt es für fünf. Die Qualität wird von Stockwerk zu Stockwerk besser. Ganz oben gibt es sogar einen Stand, an dem die Kaschmir-Pullover echt sind. Aber generell ist Vorsicht geboten, denn angeboten werden fast nur Repliken, deren Einfuhr in Deutschland verboten ist.
Wer neben dem städtischen Leben das alte China sehen will, ist in einem der zahlreichen Wasserdörfer rund um die Stadt gut aufgehoben. Der Großraum Shanghai ist mit seinen Flüssen, Kanälen und Seen reich an Wasserressourcen. Häuser, die idyllisch an Kanälen liegen, Bogenbrücken, die über die Flüsse führen und typisch chinesische Gärten sind einen Tagesausflug wert.
Etwas weniger bekannt ist das Wasserdorf Fengjing. Es hat mehr als 50 Brücken und hübsch restaurierte Häuser aus der Ming- und Qing-Dynastie. Durch die Tore sehen Besucher hier und da, wie die Menschen vor ihren buddhistischen Schreinen beten oder auf kleinen Hockern zusammensitzen und essen. Den wohl schönsten Blick hat man von der alten Zhihe-Brücke, die Anfang des vergangenen Jahrtausends erbaut wurde.
Die Autorin reiste mit Unterstützung von Shangri-La und China Tours.