Die Schlacht und das Denkmal - Leipzig feiert Doppel-Jubiläum

Leipzig (dpa/tmn) - Die Völkerschlacht in Leipzig vor 200 Jahren war ein blutiges Gemetzel. In Erinnerung blieb vor allem der Triumph über Napoleon. Vor 100 Jahren wurde das Völkerschlachtdenkmal fertig.

Das Doppeljubiläum ist ein guter Anlass für einen Besuch.

Das Museum am Völkerschlachtdenkmal macht erst um 10.00 Uhr auf. Aber schon eine Viertelstunde vorher stehen zwei Schulklassen vor der überdimensionalen Kriegerfigur mit Schild und Rüstung. Wenn sie die Spitze des gigantischen steinernen Klotzes sehen wollen, müssen sie den Kopf in den Nacken legen: Er ist 91 Meter hoch - das größte Denkmal Europas - und Leipzigs meistbesuchte Touristenattraktion. Im Oktober wird es 100 Jahre alt - es erinnert an ein blutiges Ereignis, das sich zum 200. Mal jährt: die Völkerschlacht.

Leipzig war 1813 mit gerade einmal 33 000 Einwohnern überschaubar. Doch vor der Stadt kämpften ab dem 16. Oktober mehr als eine halbe Million Soldaten, mindestens 90 000 kamen ums Leben, vermutlich noch mehr. Napoleons Truppen mussten sich schließlich Preußen, Russen und Österreichern geschlagen geben. Die große Zeit des kleinen Korsen war damit vorbei, bis Waterloo war es nicht mehr weit. Die Völkerschlacht war ein Triumph über den machtbewussten Feldherrn, der in Leipzig vorschnell schon die Siegesglocken hatte läuten lassen.

Aber der triumphale Sieg ist nur das eine: „Es war das blutigste Gemetzel des 19. Jahrhunderts“, sagt Steffen Poser, Leiter des Museums Forum 1813. „Äcker und Felder waren mit Leichen und Pferdekadavern bedeckt, auf den Dörfern hat es wochenlang gedauert, die Toten zu begraben.“ Das Denkmal, das 100 Jahre nach der Schlacht unweit der Stelle eingeweiht wurde, an der Napoleon den Befehl zum Rückzug gab, erinnert auch daran.

Das Stadtgeschichtliche Museum zeigt vom 4. September bis zum 5. Januar die Ausstellung „Helden nach Maß“. Natürlich widmet sie sich der Völkerschlacht. „Aber es geht nicht darum, deren Geschichte nochmal zu erzählen“, sagt Poser. „Sie soll auch ein wenig irritieren“, kündigt der Historiker an. Nicht Schlachtpläne, Kanonenkugeln und Uniformjacken sind dort zu sehen, sondern zum Beispiel ein Weckglas mit Erdbeeren aus Posers Garten.

Was hat das mit der Schlacht zu tun? Eigentlich nichts. Aber eine Erdbeersorte ist nach der preußischen Königin Luise benannt, die wie keine andere Frau ihrer Zeit für den Kampf gegen Napoleon stand. „Wir wollen auch ungewöhnliche Zusammenhänge zeigen“, erklärt Poser - und den Bogen etwas weiter spannen: von den preußischen Generälen wie Blücher und Gneisenau bis zum Ehrenmal für gefallene Bundeswehrsoldaten und vom Eisernen Kreuz, das 1813 gestiftet wurde, bis zur „Titanic“-Postkarte mit dem sarkastischen Motto „Sterben muss sich wieder lohnen“.

Eine weitere ungewöhnliche Ausstellung ist im Grassi Museum zu sehen: Unter dem Titel „Kanonenknall und Hausidyll“ soll sie zwei ganz verschiedene Seiten des Alltags 1813 zeigen, erläutert der Kurator Thomas Rudi - den blutigen Krieg und die bürgerliche Vorliebe für gediegene Tafelkultur. In den Vitrinen ist nicht nur Blumenmalerei auf Porzellantassen zu sehen, sondern auch Amputationsbesteck, ein Messer etwa, mit dem Fleisch von den Knochen getrennt wurde. Und an den Wänden sind Zitate unter anderem von Augenzeugen der Schlacht zu lesen - zum Beispiel eines Totengräbers.

Direkt hinter dem Grassi Museum liegt der Johannisfriedhof, heute eine grüne Idylle mit nur noch wenigen Grabmälern aus längst vergangenen Zeiten. Aber 1813 stand in Höhe der Friedhofsmauer ein Stadttor, an dem die Kämpfe besonders heftig waren. „Auf dem Friedhof wurden verwundete Franzosen zusammengepfercht, ohne Nahrung, oft schwer verwundet“, erzählt Rudi. Viele von ihnen starben, weil ihnen nicht geholfen wurde.

Literatur:
- Sabine Ebert: 1813 - Kriegsfeuer, Droemer Knaur, 24,99 Euro, ISBN-13: 978-3-426-65214-5
- Steffen Poser: Die Völkerschlacht bei Leipzig. In Schutt und Graus begraben, Edition Leipzig, 19,90 Euro, ISBN-13: 978-3-361-00691-1