Hausboot-Ferien: Tuckern durch das Herz Irlands
Entdeckungen auf den Wasserwegen der Insel. Ein Bootsführerschein ist nicht nötig, nur eine Spur Lässigkeit.
Düsseldorf. "Fahren wir jetzt eigentlich geradeaus? Christoph ist irritiert. So ein Hausboot lässt sich zwar sozusagen wie ein Auto lenken, reagiert dann aber doch weitaus schwerfälliger. Und so schlenkert die frischgebackene Crew zunächst den Kanal entlang.
Schön langsam, zum Eingewöhnen. Ringsum drängt sich die Natur mit einer lebendigen Üppigkeit heran. Schilfe, Röhrichte, Schwertlilien und Sträucher rangeln um den besten Platz, ein schillernd blauer Eisvogel rast von Zeit zu Zeit dem Kahn voraus.
Per Hausboot lässt es sich in Irland trefflich reisen. Kilometerlange Wasserstraßen laden zum Erkunden ein, in der Republik ebenso wie in Nordirland. Ein Bootsführerschein ist dafür nicht nötig. Allerhöchstens ein wenig Mut, sich auf das Abenteuer einzulassen. Etwa über den Reise-Anbieter Dertour kann das Gefährt auch ganz bequem schon in der Heimat ausgewählt und gebucht werden.
Einer der hiesigen Partner ist Locaboat, in deren Marina in Ballinamore, County Leitrim, unser Wasserspaß startet. Angefüttert mit ersten Infos per Video, geht es zum ersten Mal auf die Behausung für die kommenden Tage. "So wird der Motor gestartet, demonstriert Ian. Routiniert und irisch gelassen weist er den maritim unbeleckten Trupp in die Geheimnisse des Bootsführens ein, um die Urlauber anschließend in die Eigenständigkeit zu entlassen. "Na dann, gute Fahrt, sagt er noch und ist entschwunden.
Sah alles ganz einfach aus. Doch wie um alles in der Welt kommt man erst mal aus solch einem Hafen raus? "Nur die Ruhe bewahren. Christoph ist zum Käptn erhoben worden und prägt gleich den wichtigsten Grundsatz des Bootsdaseins. Und so erweist sich auch die erste Herausforderung als absolut machbar.
Ebenso wie das Bedienen der folgenden Schleusen, die selbst gesteuert werden müssen. "Geht doch, sagt Christoph und grinst. Das erste zarte Gefühl von Abenteuerlust und Freiheit hat die Crew erfasst. Wo soll’s hingehen? Eire, wie Irland in der Landessprache heißt, steht uns offen.
Moment, eigentlich hätten wir die Grenze doch längst passieren müssen. Ein Blick auf die Karte bestätigt dies. Vorbei wohl die Zeiten, als in Nordirland Polizei und Militär noch allgegenwärtig waren. Später erfahren wir, selbst auf den Straßen ist die Grenze nur noch am Wechsel zwischen Kilometer- und Meilenangaben zu erkennen. Plötzlich Weite vor unserem Bötchen. Der Upper Lough Erne ist erreicht und will durchquert werden. Endlich kann der Käptn mal richtig Gas geben. Auf den Kanälen herrscht eine Geschwindigkeitsbegrenzung, damit die Ufer nicht zu sehr ausgespült werden.
Doch, hoppla, das Navigieren gerät auf dem See zur neuen Herausforderung. Während wir noch die sanft hügelige Landschaft um uns her genießen, drohen wir die Orientierung zu verlieren. Dabei sollten die tieferen, ausgeschilderten Fahrrinnen nicht verlassen werden.
Dass diese Vorschrift ihre Berechtigung hat, erfahren wir einige Meilen weiter westwärts. Im Fluss zwischen dem Upper und Lower Lough Erne hat sich ein weiteres Hausboot auf einer Sandbank festgefahren. Ein herbeigerufener Mitarbeiter von Locaboat befreit die andere Crew aus ihrer misslichen Lage. Gut so, denn es gibt viel zu entdecken an diesem idyllischen See. Während sich auf dem Boot das Gefühl breit macht, fernab von allem zu sein, geht das irische Leben an den Küsten seinen gewohnten Gang.
Zum Beispiel bei Liz Moore in der Kochschule von Belle Isle. Hier können in Seminaren nicht nur die neuen irischen Kochkünste entdeckt werden. Spezialitäten aus aller Welt kommen bei der Expertin auf die Menüliste. Und wer mag, kann nebenan im Belle Isle Castle oder seinen ausgebauten Nebengebäuden herrschaftlich nächtigen.
Apropos delikat essen. Das ist auch eine Herzensangelegenheit von Pat O’Doherty aus Enniskillen. Der Bilderbuch-Ire ist Metzger und hat eine Mission. Das ständige Verbessern der wichtigsten Zutat eines guten irischen Frühstücks - des Bacons. In mühevoller Kleinarbeit hat er das alte Wissen der Bauern zusammengetragen und ein neues Produkt geschaffen - den Black Bacon.
Dafür ist er sogar unter die Schweinehirten gegangen und hält seine eigene Herde auf einer eigens dafür erstandenen Insel im Lough Erne. Wer mag, kann auf Zeit unter den Schweinen leben: Ein Ferienhaus wartet auf dem artenreichen Eiland auf Besucher.
Die zahlreichen Inseln im See laden ohnehin zum Entdecken ein. Wer sich für Geschichte interessiert, kommt auf White und Devenish Island auf seine Kosten. Im einst so katholischen Irland hatten sich die Mönche auf den idyllischen Inseln niedergelassen. Ein gut erhaltener Rundturm und Kirchenruinen zeugen noch davon. Die Seligkeit hatte allerdings vorerst ein Ende, als die Wikinger im Jahre 837 einfielen.
Ob Geschichte oder heutiges Irland, per Boot kann all dies quasi im Herzen der grünen Insel erkundet werden, von Limerick bis hoch in den Norden. Mit dem Hausboot, ebenso ausgestattet mit Küche wie mit Duschen und WCs, ist der Urlauber komplett unabhängig.
Nur sollte er dabei, ganz entsprechend der irischen Lässigkeit, immer beherzigen: Ruhe bewahren.