Österreich: Backe, backe Brezeln!
Das Salzburger Land feiert den Bauernherbst mit vielen Köstlichkeiten.
Düsseldorf. So etwas hat der Knirps noch nicht erlebt: "Das knackt ja, das Feuer", staunt Tim ins Ofenloch. Sein Papa erklärt ihm, wie das funktioniert mit dem Anheizen und dass dort, wo jetzt das Holz brennt und die Steine ganz heiß werden, später die Brote liegen. Doch Tims ganze Aufmerksamkeit gilt längst schon der Greti, der Sennerin auf der Amoseralm. Die schleppt eine Wanne voll Teig aus der Hütte und ruft die Gästekinder zusammen.
Gemeinsam kneten, rollen und formen sie Schnecken und Brezeln. Dann geht es an die Brote. Damit die rechtzeitig in den Ofen kommen, packen auch ein paar Wanderer mit an. Und nebenbei beantwortet die Bäuerin auch neugierigen Erwachsenen deren Brotfragen. Solche nach der Rezeptur und den Gewürzen, nach dem Ofen und dem Leben auf der Alm.
Dann heißt es, eine Stunde zu warten, die Sonne zu genießen, das kleine Gemüsebeet gleich neben den Ofen zu bestaunen und mit Greti zu plaudern. Tiere streicheln, Milch oder Bier trinken, Schnäpse kosten und in die Weite des Gasteiner Tals hinabblicken, in dem sich die morgendlichen Nebelschwaden auflösen. Bauernherbst.
Die Touristiker des Salzburger Landes haben sich Mitte der 90er-Jahre diesen Namen für die Wochen zwischen den letzten Sommertagen und erstem Schnee ausgedacht. Vom 28. August bis 26. Oktober sind in 78 Orten rund 2000 Veranstaltungen zu erleben. "Aber wir inszenieren nichts, was es nicht ohnehin bei uns gibt", sagt Elfi alias Elfriede Berti.
Manchmal mache das schon Umstände, bekennt eine Bäuerin von Unterberg bei Dorfgastein. Beispielsweise weil man einen Almabtrieb nicht kurzfristig anberaumen kann, sobald das Vieh oben auf dem Berg alles abgefressen hat. Er geht eben genau dann über die Bühne, wenn der im Jahr zuvor gebastelte Veranstaltungskalender es anzeigt. Aber gerade solch ein Zugeständnis macht diesen Veranstaltungskalender dick und bunt.
Er vereint beispielsweise Frühschoppen mit der Trachtenkapelle, Sommerabschluss-Almfeste und Bauernmärkte. Ein paar Angebote werden dennoch speziell den Urlaubsgästen unterbreitet, geführte Wanderungen zum Beispiel, Almfrühstücke, Heufiguren-Bastelstunden, Latschenkiefernöl-Brennen beim Bauern oder Krapfen-Backen mit der Bäuerin.
Die ganze Zeit dabei sind natürlich die Wirte wie Elfi und ihr Mann Hans-Peter vom "Unterbergerwirt". Die haben in dieser Zeit den herbstlichen Spezialitäten der Region einen besonderen Platz eingeräumt. "Besonders gern greifen die Gäste nach unseren Kaspressknödeln, nach Schöpsernem, also im Rohr gebackenem Fleisch, und Krapfen. Das Rindfleisch kommt von unserem Hof, die meisten anderen Zutaten aus der Nachbarschaft."
Anders als auf den Hütten, auf denen die Speisen zumeist noch ganz traditionell auf den Tisch kommen, haben die beiden gelernten Köche die Rezepturen hier und da etwas modernisiert, das heißt vor allem entfettet. Selbst ein ausgefeiltes Bauernherbst-Menü kommt bei ihnen auf die Teller.
Für Elfi und Hans-Peter, deren Unterbergerwirt nicht nur in den Gourmetführern, sondern auch als Feng-Shui-Hotel von sich Reden macht, hat der Bauernherbst gar eine philosophische Dimension: "Die Fünf-Elemente-Küche des Feng Shui hat nicht automatisch mit Asien zu tun", sagt der Koch.
Und noch einen Tipp hat Hans-Peter: "Gehen Sie nicht nur zu den großen Almabtrieben, sondern auch zu den kleinen, bei denen keine Busse anrollen." Solch ein Kleiner findet in Hüttschlag im Großarltal statt.
Vom Berg herab kommen nicht prachtvoll gekrönte Kühe, sondern dickbewollte Schafe. Die stehen dicht beieinander in einem Pferch und warten darauf, von ihrem Bauern heimgeholt zu werden. Derweil müssen sie zuhören wie die Touristen sich abmühen, sie mit einem halbwegs stilechten "Mäh" zum Dialog zu bewegen.
Die Bauern grinsen nachsichtig und schleppen ihr Vieh heim. Das Gatter leert sich, der Festplatz füllt sich. Wer sich an einen der Tische setzt, der gibt jedem die Hand, Einheimischen wie Gästen. Die Bäuerinnen grillen Lammfleisch, junge Damen tragen Tabletts heran und die Musi spielt.
Endlich ist es soweit: Greti öffnet feierlich die Backofentür. Umringt von den Knirpsen zieht sie zuerst die Schnecken und Brezeln aus der Hitze. Dann folgen die runden Brote. Glänzend und duftend. Was geht schon über ein selbstgebackenes Holzofenbrot?