Immer wieder Ärger für Reisende - Streiks bei Bahn und Co
Frankfurt (dpa) - Kann man überhaupt noch verreisen? Irgendwo scheint ja immer jemand zu streiken. Die Übersicht zeigt: Es gibt kaum Hoffnung, dass es weniger wird.
Wer mit dem Flugzeug oder der Bahn unterwegs ist, kennt die Sorge vor dem nächsten Streik. Schlagkräftige Gewerkschaften suchen sich immer wieder Betriebe der Infrastruktur für Arbeitskampfmaßnahmen aus, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Besonders heftig geht es seit dem vergangenen Jahr bei den früheren Staatsbetrieben Deutsche Bahn und Lufthansa zu. Ein Überblick darüber, wer wann und wo streikt:
Die Pilotenhaben zu Beginn des vergangenen Jahres einem Arbeitskampf bei der Lufthansa zugestimmt. Elf Mal hat die Vereinigung Cockpit seitdem zu Streiks bei Lufthansa oder der Tochter Germanwings aufgerufen und nur einmal den Ausstand kurzfristig abgesagt. Rund 7400 Flüge wurden gestrichen, etwa 850 000 Passagiere waren betroffen. Die Fronten im Lufthansa-Konzern sind verhärtet, zumal das Management eigentlich noch schärfer sparen will und intensiv nach neuen Billignischen sucht. Bei den Streiks geht es offiziell um die Übergangsrenten der Piloten, doch eigentlich um den künftigen Kurs von Europas größtem Luftverkehrskonzern. Prognose: Dem Streik am 12. und 13. Februar bei Germanwings folgen weitere.
Die Lokführer stehen mit ihrer Gewerkschaft GDL seit Juli 2014 in einer zähen Tarifauseinandersetzung mit der Deutschen Bahn. Die wichtigsten GDL-Forderungen: Fünf Prozent mehr Geld, Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 38 Stunden, weniger Überstunden. Übergeordnet geht es der GDL um einen Tarifabschluss, der auch Beschäftigte des Zugpersonals jenseits der 20 000 Lokführer einschließt. Dafür hat die GDL bis November zwei Warnstreiks und vier Streiks organisiert. Zwischenstand: Einigung auf eine Einmalzahlung von 510 Euro für das Jahr 2014 für alle GDL-Mitlieder. Ausblick: Die GDL hätte gerne einen Tarifabschluss bis Anfang April. Aber noch fehlt eine Verständigung auf eine neue Tarifgrundlage.
Die Eisenbahner, auch ein kleiner Teil der Lokführer, werden sonst von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten. Die EVG verhandelt seit August mit der Deutschen Bahn. Sie fordert für ihre 100 000 Mitglieder in dem Unternehmen sechs Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat. Im Gegensatz zur GDL pocht die EVG darauf, dass es keine konkurrierenden Tarifregelungen für eine Berufsgruppe gibt. Zwischenstand: Einigung auf eine Abschlagszahlung von 750 Euro für die meisten Beschäftigten. Ausblick: ungewiss. Die EVG rechnet damit, dass die Verhandlungen noch einige weitere Monate in Anspruch nehmen werden. Die Gewerkschaft hat bislang nicht gestreikt.
Die Flugbegleiter der Lufthansa galten lange als gar nicht streikfähig. Doch die sonst so netten und serviceorientierten Stewards und Stewardessen zeigten dem Konzern im Sommer 2012 ein anderes Gesicht und ließen 1500 Flüge ausfallen. Wie die Piloten kämpft die Spartengewerkschaft Ufo um die Besitzstände der Beschäftigten. Bei einer im Januar abgeschlossenen Urabstimmung stimmte eine große Mehrheit für den Arbeitskampf, es hatte aber nur knapp jeder Zweite teilgenommen. Prognose: In den bisherigen Verhandlungen hat sich Ufo flexibler gezeigt als die kampfstarken Piloten. Allerdings tun ihren Mitgliedern die geplanten Einschnitte bei Zusatz- und Übergangsrenten mehr weh als bei den Bestverdienern im Cockpit. Auch hier sind Streiks möglich.
Die Sicherheitsleute haben die Flughäfen als ideales Kampffeld für ihre Tarifforderungen entdeckt. Wenn die von Verdi organisierten Luftsicherheitsassistenten nicht mehr zu den Gepäck- und Personenkontrollen im Auftrag der Bundespolizei antreten, gehen den Fliegern schnell die Passagiere aus. Zu chaotischen Zuständen kam es jüngst zum Beispiel in Hamburg und Stuttgart. Gestreikt wird wie im vergangenen Jahr jeweils regional, weil auch die Tarifverträge nicht bundeseinheitlich sind. Prognose: Die Streiks gehen weiter.
Andere Berufsgruppen wie das Flughafenpersonal oder die Fluglotsen halten im Moment tarifpolitisch still. Verdi ruft allerdings selbst schon bei Warnstreiks im Öffentlichen Dienst besonders gern die Truppen an den einstmals öffentlichen Flughäfen auf. Prognose: gelegentliche Streiks.