Leichtgewichte sind gefragt - Neues für die Skitour
München (dpa/tmn) - Die Skisaison ist in vollem Gang, aber die Branche wirft bereits den Blick auf den Winter 2015/16. In München präsentieren die Unternehmen auf der Messe Ispo ihre Neuheiten - und da wird vor allem an der Stellschraube bei der Ausrüstung für Tourengeher gedreht.
Es ist das Skierlebnis pur: Statt bequem mit dem Lift den Berg hochzufahren, besteigen immer mehr Wintersportler erst den Gipfel. Was sich langsam anbahnte und immer beliebter wurde, hat sich nun als ganz eigene Sportart durchgesetzt, sagt Christoph Ebert vom Kompetenzzentrum Sport, Gesundheit und Technologie. Das Tourengehen abseits der normalen Skipisten hat auch immer mehr einen offiziellen Anstrich bekommen, es werden verstärkt eigene Gebiete für den Sport ausgewiesen. Und die Hersteller verbessern Jahr für Jahr die Ausrüstung, wie sich auf der Sportartikelmesse Ispo in München zeigt (5. bis 8. Februar). Vornehmlich geht es hier um das Gewicht. Immer leichter sollen Skier und Schuhe sein.
Früher ging es bei Entwicklungen in der Wintersportbranche um die Steigerung der „Performance“ in der Abfahrt, wie Ebert es nennt. Man soll bestmöglich und bequem abfahren können. „Ob man 200 oder 300 Gramm mehr dabeihatte, war früher nicht wichtig.“ Heute aber soll ja erst einmal der Berg erklommen werden. Daher sind ein paar Gramm durchaus entscheidend - so wenig Gewicht und so viel Bewegungsfreiheit wie möglich sind erwünscht.
Nur 987 Gramm wiegt zum Beispiel der neue Backland-Schuh von Atomic in der Aufstiegs-Konfiguration. Scott reduziert das Gewicht seiner neuen Skitouren-Stiefel Superguide Carbon durch den Einsatz von speziellen Carbon-Einlagen in der Schale. Zugleich verstärken diese die Steifheit.
Mit einer neuartigen, leichten Carbon-Bauweise drückt der Hersteller Blizzard beim Zero G Free Touring Ski das Gewicht. 945 Gramm je Brett kommen so bei der leichtesten Variante mit einer Mittelbreite von 85 Millimetern und einer Länge von 157 Zentimetern auf die Waage. Das Carbon ummantelt auch die Seitenwangen, was für Stabilität sorgt.
K2 hat in den vergangenen Jahren bereits das übliche Material des Skikerns wie Espe, Tanne oder Pappel durch das leichtere Holz der Paulownia ersetzt. Um 10 bis 15 Prozent wurde dadurch laut Hersteller das Gewicht reduziert. Die neue Generation mit dem Ski Wayback 82 ECOre hat nun einen Balsaholz-Kern mit integrierten Flachsfasersträngen. Noch einmal 10 Prozent weniger Gewicht sind damit möglich im Vergleich zum Vorjahresmodell der Firma. 1090 Gramm sind es je Brett mit 167 Zentimeter Länge.
Zudem verzichten die Hersteller teils zur Gewichtsreduktion auf Kanten an den Spitzen und Enden der Skier, erläutert die Messe München. Und Salomon ersetzt zum Beispiel an der Spitze des Skis MTN Lab den Holzkern durch eine leichtere wabenartige Verbundkonstruktion.
Nach Ansicht des Messeveranstalters teilt sich die Gruppe der Tourengeher aber immer deutlicher in zwei Fraktionen auf: Jene, die vor allem Freude am Aufstieg haben und eben das Hauptaugenmerk auf das Gewicht der Ausrüstung werfen. Und jene, die auf die Abfahrt fokussiert sind. Für sie ist wichtig: Eine gute Performance, wie sie es von den Skiern für die Piste erwarten. Dazu soll aber mehr Sicherheit bei der Abfahrt kommen, erklärt Alexander Dillig, Produktmanager beim Deutschen Skilehrerverband.
Die Hersteller setzen daher vermehrt auf Stabilität und Dämpfung trotz Leichtigkeit, erklärt die Messe München. In den meisten Fällen kommen hier Rocker-Konstruktionen zum Zug, die ohnehin sehr vielseitig einsetzbar sind. Stromlinienförmige Oberflächen reduzieren bei der Abfahrt - aber auch beim Aufstieg - den Widerstand des Schnees. Außerdem werden laut Dillig die Skischuhe besser mit der Bindung fixiert. Das führt zu einer optimalen Kraftübertragung, folglich können Tourengeher einfacher und sicherer abfahren.
Teils erreichen die Hersteller das durch die Kombination von Technologien aus beiden Skisportarten - Tourengehen und Abfahrt. Atomic tut das etwa beim Backland-Schuh, der die für normale Skischuhe übliche Ausstattung für die Abfahrt erhält. So bleibt der Fuß steifer als bei anderen leichten Tourschuhen, ein neues Schnürsystem garantiert präzisen Halt, erklärt der Hersteller.
Bedenken bereitet Wintersportexperte Ebert aber die Frage: Wie lange halten die sehr leichten Materialien durch? Denn: Je leichter die Ausrüstung wird, desto eher kann es sein, dass ihr die rauen Bedingungen in den Bergen mit Nässe und Kälte etwas anhaben. Das wird sich in der Praxis zeigen. Antworten auf diese Frage dürfte es daher erst auf einer der nächsten Ispo-Messen geben.