Mit Bus und Sammeltaxi: Israel individuell entdecken
Jerusalem (dpa/tmn) - Millionen Pilger suchen jedes Jahr in Israel die Spuren Jesu. Seine Fußstapfen sind dadurch inzwischen ziemlich ausgetreten. Aber wer die typischen Touristenpfade mal verlässt, entdeckt eine großartige Landschaft und spannende Kontraste.
Gäbe es diesen Metallstern nicht, Israel wäre ein anderes Land. Er ist schon etwas abgegriffen von den Hunderttausenden Händen, die ihn berührt haben. Manche Pilger fallen bei seinem Anblick überwältigt in Ohnmacht, andere lesen die passende Stelle in der Bibel nach: „Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.“ Hier wurde der Weihnachtsgeschichte zufolge Jesus geboren.
Seit Jahrhunderten reisen Christen um die Welt, um in der Geburtsgrotte in Bethlehem zu beten. 2,7 Millionen Touristen kamen im vergangenen Jahr nach Israel, die meisten waren christliche Pilger. Aber man muss nicht tief gläubig sein, um in Israel einen schönen Urlaub zu verbringen. Neben biblischen Orten und historischen Denkmälern bietet das Land eine großartige Natur: die bewaldeten Hügel Galiläas, die zerklüftete Wüste Negev oder die umkämpften Golanhöhen mit ihrer großartigen Aussicht.
Die Tourismusbranche stellt sich zunehmend auf Individualreisende ein, die nicht nur im Reisebus von einer Kirche zur nächsten gefahren werden wollen. Aus Deutschland kamen im vergangenen Jahr nach Angaben des Staatlichen Israelischen Verkehrsbüros schon 51 Prozent der Reisenden auf eigene Faust.
Im ganzen Land sind Wander- und Radwege ausgeschildert, auf denen man sich auch ohne ortskundigen Führer problemlos zurechtfindet. Der Jesus-Trail in Galiläa führt Wanderer zu wichtigen Schauplätzen des Neuen Testaments. Und auf dem Israel Trail fahren Radler einmal von Norden nach Süden durch das ganze Land.
Internationale Flüge nach Israel landen auf dem Ben-Gurion-Flughafen etwas außerhalb von Tel Aviv. Von dort können Reisende zwei Richtungen einschlagen: mit dem Sherut, dem Sammeltaxi, nach Jerusalem oder mit dem Zug oder Taxi nach Tel Aviv.
Wer sich zunächst langsam an das Klima und das Leben im Nahen Osten gewöhnen will, ist in Tel Aviv gut aufgehoben. Die Stadt am Mittelmeer ist völlig untypisch für das sonst so streng religiöse Israel. Frauen laufen im Minirock durch die Straßen, und mit dem Einbruch der Dunkelheit beginnt am Strand und in den vielen Clubs die Party. Selbst am Samstag, wenn Jerusalem und viele andere Städte wegen des Sabbats stillstehen, geht das öffentliche Leben hier weiter. Lohnenswert ist ein Abstecher ins mittelalterliche Jaffa, das heute zu Tel Aviv gehört.
Eine Zugstunde nördlich von Tel Aviv liegt die Stadt Haifa, wo jüdische und arabische Israelis vergleichsweise friedlich zusammenleben. Vom Berg Karmel hat man einen weiten Blick über die Stadt, den berühmten Bahaischrein und die große Mittelmeer-Bucht. Auf keinen Fall versäumen sollte man ein Stück weiter nördlich die Kreuzfahrerstadt Akko mit ihren mittelalterlichen Altstadt-Gassen.
Um von hier aus in das Bergland Galiläas zu kommen, nimmt man sich am besten einen Mietwagen. Es lohnt sich, immer wieder kurze Zwischenstopps einzulegen, um die großartige Aussicht zu genießen. Israels Norden hat zwar wenig Kulturelles zu bieten, dafür aber mehrere Landschaftsschutzgebiete wie den Hulatal-Nationalpark. In dessen Sumpflandschaft kann man Pelikane und Seeadler beobachten.
Safed, die Hauptstadt Galiläas, ist berühmt für ihre Künstlerkolonie: Dort leben und arbeiten Maler und Kunsthandwerker aus unterschiedlichen Religionen zusammen und bieten in den engen Gassen ihre Produkte an. Nazareth, wo Jesus aufwuchs, ist für viele Pilger hingegen eine Enttäuschung. Die Stadt ist laut, hektisch und für die Touristenmassen eigentlich viel zu eng.
Von der Stadt Tiberias am See Genezareth aus lässt sich die Region in Tagesausflügen mit dem Auto gut erkunden. Ohnehin ist der See Genezareth ein Höhepunkt jeder Israelreise. Rund um den See spielen viele der Erzählungen aus den Evangelien. Hier hat Jesus mit seinen Jüngern gewohnt, gelehrt und der Bibel zufolge auch zahlreiche Wunder vollbracht - an fast jedes davon erinnert eine Kirche.
Wer von Tiberias Richtung Süden fährt, erreicht nach zwei Stunden Fahrt durch das palästinensische Westjordanland schließlich Jerusalem. Keine andere Stadt auf der Erde ist so sehr von der Religion durchdrungen. An der Klagemauer beten die Juden, im Felsendom die Muslime und in der Grabeskirche die Christen.
Von Jerusalem aus führt eine Straße steil bergab durch die Judäische Wüste bis an das Tote Meer - 420 Meter unter dem Meeresspiegel liegt hier der tiefste Punkt der Erde. Im Sommerhalbjahr brennt die Sonne hier unbarmherzig. Trotzdem lässt sich kaum ein Tourist das Gefühl entgehen, wie schwerelos auf dem Salzwasser zu schweben.
Südlich des Meers beginnt die Wüste Negev, die mehr als die Hälfte der Landesfläche einnimmt. Zerklüftete Schluchten und tiefe Krater prägen die Landschaft. Wer bis in die südlichste Landesspitze weiter fährt, erreicht den Badeort Eilat am Roten Meer. Hier kehrt man zurück zum Anfang der Reise: zu Strand, Meer und leichtem Leben.