Polen aktiv Mit Segelboot und Kajak durch die Masurische Seenplatte
Piekna Gora (dpa/tmn) - „Das wird ein perfekter Segeltag“, sagt Krzysztof Nowosielski. Der Skipper kann das Wetter einschätzen. Seit 40 Jahren ist er mit dem Segelboot in den Gewässern seiner Heimat unterwegs, in der Masurischen Seenplatte in Polens Nordosten.
In der Marina von Piekna Gora geht es los - auf dem „Weg der Schwäne“. In den windgeschützten Engstellen zwischen den Inseln kommt man nur langsam voran. Am Ufer ist nicht viel los. Ein Angler verfolgt mürrischen Blickes einen Kormoran, der offensichtlich erfolgreicher als sein Konkurrent im Boot ist.
Jetzt dreht der Wind, und Nowosielski nutzt eine Passage zwischen den Inseln, um auf den großen Kisajno-See zu gelangen. Über die Wasserfläche weht eine stärkere Brise. Sie strafft die Segel, das Boot gewinnt an Fahrt. An den Ufern beugen sich Schilfgürtel im Wind, ab und an lassen sich Schwäne und Enten blicken. Und es geht an Biberburgen vorbei.
„In der Vor- und Nachsaison ist es bei uns am schönsten“, sagt Nowosielski. In der Hochsaison im Juli und August tummeln sich 10.000 Boote gleichzeitig auf den Seen, manchmal sogar bis zu 12.000. „Dann wird es selbst auf den riesigen Seeflächen dicht und laut.“ Wenn der Skipper eines nicht ertragen kann, dann sind es die rumorenden Jet-Skis oder hochmotorigen Sportboote. Plastikmüll nach durchzechten Nächten zeigt, dass es einer bestimmten Klientel nicht um unverwechselbare Naturerlebnisse geht.
Viele Wassertouristen chartern für ihren Urlaub direkt vor Ort Segel- und Motorboote. Masuren ist für die Freizügigkeit der Charterfirmen beim Verleih von Booten ohne Segelschein oder Motorbootführerschein bekannt. Einerseits ist das praktisch. Andererseits überschätzen sich manche Bootsführer und schaden der Natur, anderen und sich selbst.
Einer, der ständig mit der Unbedachtheit vieler Urlauber konfrontiert wird, ist Karol Dylewski von der Zentrale des Seerettungsdienstes in Gizycko. In der vergangenen Saison mussten er und seine Helfer 374 Personen aus Notsituationen retten. Dylewski klagt: „Leider lesen viele Wassersportler keine Karten. Würden sie es tun, ließen sich zahlreiche Unfälle durch Kollisionen mit Steinen an seichten Stellen vermeiden.“ Dabei kostet eine gute Karte mit allen notwendigen Informationen, die auch in der örtlichen Tourismusinformation erhältlich ist, gerade einmal vier Euro.
Wesentlich niedriger ist das Unfallrisiko für Reisende, die mit eigener Muskelkraft auf den kleinen Flüssen unterwegs sind. Die Verbindungsadern zwischen den Seen locken nicht nur Kajakfahrer aus ganz Polen an. Zunehmend nutzen auch ausländische Urlauber die robusten Plastikboote, die man allerorts mieten kann. Besonderer Beliebtheit erfreut sich der Krutynia-Fluss, der vom größten See, dem Sniardwy-See, abzweigt und in südlicher Richtung durch eine Heidelandschaft führt.
Im Unesco-Biosphärenreservat am Luknajno-See oder vom Aussichtsturm des benachbarten Sniardwy-Sees wirken die gigantischen Seen-, Schilf- und Wiesenareale magisch und beruhigend zugleich. Zum Beispiel, wenn sich der Morgennebel langsam auflöst. Beschaulich geht es auf der Strecke vom Kruklin- zum Goldopiwo-See zu. Über Seen und Kanäle kommt man von dort aus paddelnd in das westlich gelegene Sztynort mit einem der größten Jachthäfen der Masuren.
In dem Dorf begegnet man der wechselvollen deutsch-polnischen Geschichte. Im Zweiten Weltkrieg machte der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop das Landschloss der Familie Lehndorff zum Feldquartier. Nachdem Heinrich Graf von Lehndorff wegen seiner Beteiligung am Hitler-Attentat von den Nazis hingerichtet worden war, besetzten russische Truppen das Schloss. Später übergab man es einer landwirtschaftlichen Genossenschaft zur Nutzung. 2009 ging das inzwischen verfallene Schloss an die Polnisch-Deutsche Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, die das Gebäude sanierte und künftig als Begegnungsstätte nutzen will.
Einen Vorgeschmack, wie wertvoll eine solche Begegnungsstätte sein kann, bietet das renovierte und nach Galkowo versetzte ehemalige Jagdhaus der Lehndorffs. Das Gebäude wurde inzwischen in eine Pension umgewandelt. Der Ort ist bei polnischen Schulklassen ebenso beliebt wie bei deutschen Touristen.