Nordseeheilbad Cuxhaven: Ab ins Watt!

Das Nordseeheilbad Cuxhaven bietet vor allem Familien einen abwechslungsreichen Urlaub. Schlammspiele natürlich inklusive.

Sand ohne Ende: Wer in Duhnen an den Strand geht, darf sich nicht wundern, wenn er kein Wasser sieht. Bei Ebbe kann man stundenlang auf dem Meeresgrund wandern.

Foto: Daniela Kebel

Cuxhaven. Kein Meer zu sehen. Schon wieder nicht. Morgens, 10 Uhr, in Cuxhaven. Die Sonne knallt vom strahlend blauen Himmel, bunte Strandkörbe stehen im hellen, feinen Sand, die Deichpromenade füllt sich mit Spaziergängern. Ein echter Urlaubstraum — doch wo ist das Wasser? „Ebbe und Flut sind hier sehr ausgeprägt“, sagt Erwin Krewenka, Geschäftsführer der Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH lachend. Nicht zum ersten Mal muss er Besucher beruhigen, dass sie während ihres Urlaubs noch genügend Meer zu sehen bekommen.

Im Schlick sind viele interessante Lebewesen zu finden.

Foto: Daniela Kebel

Von den Vorteilen eines ausgedehnten Watts direkt vor der Hoteltür braucht er dagegen niemanden zu überzeugen. Tafeln am Strand des Stadtteils Duhnen zeigen an, zu welchen Zeiten Gäste gefahrlos den Meeresgrund zu Fuß erkunden können. Jeden Tag, stundenlang. Auch Pferdekutschen fahren durchs Wattenmeer. Doch zu Fuß ist es viel schöner.

Weichtiere im Schlick.

Foto: Daniela Kebel

„Sie können Gummistiefel oder fest geschnürte, alte Turnschuhe anziehen“, sagt Wattführer Günter Kruggel. „Barfuß ist es natürlich am schönsten und gesündesten.“ Thalasso für die Füße. Gerade noch auf trockenem Sand, sinkt man einen Meter weiter schon bis zum Knöchel im Schlamm ein. Bei jedem Schritt spritzt aus winzigen Löchern eine kleine Fontäne sandigen Wassers an den Beinen hoch, wer stehenbleibt, spürt, wie der Sand unter den Füßen immer weiter nachgibt.

Touristen können mit der kleinen Bahn die Küste entlang fahren.

Foto: Daniela Kebel

Das Wasser in den Prielen ist warm, der Boden angenehm weich. Der Sand quillt zwischen den Zehen hindurch, der getrocknete Matsch färbt sich grau. Je weiter sich die Gruppe vom Strand entfernt, desto ruhiger wird es. Die Geräusche an Land werden leiser und leiser, in einiger Entfernung waten andere Spaziergänger durchs Watt. Irgendwo am Horizont sind Rettungsbojen zu sehen. „Unerfahrenen Gästen empfehlen wir unbedingt geführte Wanderungen. Wer zu weit draußen ist, den kann leicht die Flut überraschen“, sagt Kruggel. Und was dann? „Dann schnell rauf auf eine der Bojen und auf Rettung warten.“

Ein ungewohntes Bild: Strandkörbe auf grüner Wiese.

Foto: Daniela Kebel

Die kommt dann beispielsweise in Form eines schwimmfähigen Quads, auf das die Kurverwaltung besonders stolz ist. Doch eine geführte Tour durchs Wattenmeer hat noch einen weiteren Vorteil: Man lernt etwas. „Haben Sie schon einmal ein Muschelwettrennen gesehen?“ Ein paar lebendige Muscheln werden gesucht und auf einen kleinen Sandhaufen gelegt. „Sie wollen so schnell wie möglich wieder ins Wasser“, erklärt Kruggel.

Alle starren gebannt auf die kleinen Weichtiere (siehe Bild 3). Nichts regt sich. „Man muss etwas Geduld haben“, sagt Kruggel. Und plötzlich geht es los: Sie beginnen, ganz leicht zu zucken, ruckeln mit ihren Schalen im weichen Sand. Dann öffnen sie sich einen kleinen Spalt breit und eine Art Fuß schnellt heraus. Damit graben sie sich immer tiefer in den Sand ein, bis sie schließlich ganz verschwunden sind. Ein Schauspiel, das nur wenige Sekunden dauert, aber die Zuschauer allesamt begeistert.

Doch zu einer echten Wattführung gehört natürlich auch ein Spaten, den Kruggel schon seit mehr als einer Stunde mit sich herumschleppt. „Wir wollen auch unter die Oberfläche schauen“, erklärt er und schon hebt er einen mächtigen Krater aus. Schweren Schlick türmt er so lange auf, bis er gefunden hat, was er sucht: Einen riesigen Wattwurm. Orientiert hatte er sich an besonders vielen Kothaufen, die wie Spaghetti an der Oberfläche zusammengeringelt sind. Rotbraun baumelt ein Exemplar aus einem Sandbrocken an der Spatenspitze. „Sie können bis zu 40 Zentimeter lang werden“, sagt Kruggel begeistert und pflückt ihn aus dem Schlamm. „Will ihn jemand anfassen?“ Mehr eine rhetorische Frage offenbar.

Seit 2009 ist das Naturschutzgebiet Wattenmeer bei Cuxhaven Unesco-Weltnaturerbe. Im „Blauen Klassenzimmer“ informiert Kruggel regelmäßig Schülergruppen über diesen besonderen Lebensraum. Im neuen Wattenmeer-Besucherzentrum in Sahlenburg gibt es zudem interessante Ausstellungen zu Tieren und Pflanzen der Küstengebiete sowie Aquarien, eine Bibliothek und einen Forschungsraum mit Mikroskopen. Vom Touristenort Duhnen ist es in wenigen Minuten mit dem Fahrrad zu erreichen, der Weg dorthin führt durch Deich- und Heidelandschaften. Überhaupt eignet sich die Gegend hervorragend für Radtouren, mehr als 200 Kilometer gut ausgebaute Radwege führen hindurch. Unter anderem der Elb- und Weserradweg.

Doch Cuxhaven mit seinen gerade einmal 50 000 Einwohnern und den rund 348 000 Gästen pro Jahr macht noch mehr für den Tourismus. Und besinnt sich dabei auf seine Wurzeln: 1860 wurde das Bad aufgrund seiner Heilkraft des Meeres gegründet. „Wenn man ein Kurbad bleiben will, muss man einiges bieten“, sagt Krewenka. Dafür hat die Stadt mehr als acht Millionen Euro investiert und das alte Kurmittelhaus zum neuen „Thalassozentrum ahoi!“ umgebaut, das Ende vergangenen Jahres eröffnet wurde. „Meer, Schlick, Klima — die natürlichen Heilmittel werden um eine ärztliche Betreuung ergänzt“, erklärt Krewenka.

Es gibt einen großen Fitnessbereich, zahlreiche Behandlungsräume für Physiotherapeuten, therapeutische Schwimmbecken, Saunen, Massagen, Wellness- und Schönheitsbehandlungen, ein Außenschwimmbad und direkten Zugang zum Strand. „Wir wollen jedem Gast Erholung mit der Kraft des Meeres bieten. Sowohl den Kurgästen, die mit ärztlicher Verordnung kommen, als auch Urlaubern, die einen Wellnesstag einlegen wollen“, sagt Krewenka. Ein Konzept, das mit unverstelltem Blick aufs Meer aufgeht. Und tatsächlich, da ist es endlich. Am späten Nachmittag plätschern die Wellen der Nordsee an den Strand von Duhnen, das Watt ist verschwunden. Zumindest für die nächsten sechs Stunden.

Die Autorin reiste mit Unterstützung der Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH.