Reisen auf den Spuren von Rosamunde Pilcher
Antrieb zum Reisen: Der Wunsch, kennenzulernen, was man im Fernsehen oder im Buch präsentiert bekommt.
Bücher und Fernsehfilme setzen heute ganze Völkerscharen in Bewegung: Reisen "auf den Spuren von" prominenten Vorbildern erfreuen sich wachsender Beliebtheit und rufen immer mehr Reiseveranstalter mit maßgeschneiderten Angeboten auf den Plan.
Zu den erfolgreichsten Reise-Verführern gehören heute der Komiker und Buchautor Hape Kerkeling und die Roman-Autorin Rosamunde Pilcher.
Seit Kerkelings Bestseller ("Ich bin dann mal weg") von 2006 über das Wandern auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela sind die Pilgerzahlen um rund 50 Prozent oder 50000 Reisende gestiegen.
Cornwall lag lange abseits der Touristenströme. Inzwischen hat das Zweite Deutsche Fernsehen in 93 Herz-Schmerz-Fernsehfilmen für die grandiose Landschaft in Englands Südwesten Reklame gemacht. Ein Dutzend deutsche Reiseveranstalter organisieren mittlerweile Flug-, Bus- und Autoreisen "auf Rosamunde Pilchers Spuren".
Die Zahl deutscher Cornwall-Touristen schnellte auf 200 000 Besucher im Jahr hoch. Der zu TUI gehörende Bremer Veranstalter und Cornwall-Marktführer Wolters-Reisen hat allein neun Rundreisen im Angebot. Wolters-Manager Ole Nysetvold: "Cornwall ist unser beliebtestes Ziel auf den britischen Inseln. Außer Frau Pilcher hat aber auch der attraktive Pfund-Kurs dazu beigetragen."
Reisen "auf den Spuren von" sind keine aktuelle Erfindung. Dichterfürst Goethe lockte mit seiner "Italienischen Reise" (1786) deutsche Bildungsbürger in Scharen über die Alpen. Lord Byrons romantische Rhein-Reise von 1816 setzte jede Menge Engländer an den Rhein in Marsch.
Die Zunahme der Reisen "auf den Spuren von" in den vergangenen Jahren geht hauptsächlich darauf zurück, dass immer mehr reisende Vorbilder in den Medien erscheinen und zur Nachahmung animieren.
Man kann heute auf den Spuren von Sherlock Holmes und Harry Potter London, auf den Spuren von Mankells Wallander, Inga Lindström und Pippi Langstrumpf Schweden erkunden. Zur Zeit der "Schwarzwald-Klinik" rollten täglich nicht selten 400 Busse durchs Glottertal, und auch der "Bulle von Tölz" erwies sich als Touristen-Magnet.
Mittlerweile gibt es kaum noch attraktive Fernseh-Vorbilder, denen nicht nachgereist wird. Auf den Spuren von Sissi durch Wien, mit Commissario Brunetti durch Venedig, zur Magnolia-Bakery und den anderen Schauplätzen von "Sex and the City" in New York.
Für den Tourismus-Experten Professor Karl Born ist der Erfolg von Reisen "auf den Spuren von" keine Überraschung: "Die Medien vermitteln heute eine riesige Menge von Eindrücken von prominenten Personen und Plätzen. Viele Menschen wollen sich damit nicht zufrieden geben. Der Appetit auf das Original wächst. Man will in echt und persönlich sehen und anfassen, was man aus den Medien kennengelernt hat."
Experte Born selbst ist da keine Ausnahme: "Als ich vor Jahren in Dallas war, habe ich die Southfork-Ranch besucht, um mal zu sehen, was ich aus der TV-Serie wiedererkenne."
Die Ströme von Besuchern "auf den Spuren von" lösen nicht überall ungeteilte Freude aus. Die vielen Rundreise-Busse in den idyllischen Pilcher-Orten in Cornwall zum Beispiel gehen vielen Einheimischen inzwischen gehörig auf die Nerven.
Da ist aber möglicherweise bald schon Entlastung in Sicht: Rosamunde Pilcher schreibt nicht mehr - dafür aber ihr Sohn Robin. Und dessen Romane spielen in Schottland.