Schwitzbad im tiefen Wald: Urlaub im finnischen Ferienhaus
Savonlinna (dpa/tmn) - Ob einfaches Blockhaus oder Luxushütte: Ferien in Finnland lassen sich am besten in einem „Mökki“ verbringen, dem landestypischen Sommerhaus am See. Im Saimaa-Gebiet gibt es zwischen Wasser und Wald trotz aller Beschaulichkeit viel zu entdecken.
Als der Schweiß vom Kinn auf die Sitzbank tropft, ist es draußen schon dunkel. Nur noch das Flackern im Ofen der Sauna spendet Licht. Es gibt keinen Strom, nur Kerzen. Nach dem letzten Aufguss tritt der Besucher nackt aus dem Blockhaus, das hier in völliger Einsamkeit am Ufer eines der tausend finnischen Seen steht. Der Körper dampft. Im klaren Wasser unten am Steg wartet die Abkühlung. „Mökki“ nennen die Finnen ihr traditionelles Sommerhaus am See - das Herzstück ihrer Ferienkultur. Es ermöglicht eine Verbindung mit der Natur, die der Alltag für gewöhnlich abgerissen hat.
Die Rückzugsorte der Deutschen sind der Campingplatz und der Kleingarten. Die Finnen haben ihr „Mökki“, ein Refugium zwischen Wald und Wasser, den beiden bestimmenden Elementen der finnischen Seenlandschaft. Sie saunieren und schwimmen, fischen und grillen. Sie fahren mit dem Boot hinaus oder gehen in den Wald und sammeln Pilze und Beeren. In Finnland ist eine Hütte am See kein Prestigeobjekt. Komfort muss nicht sein - aber in jedes echte „Mökki“ gehört eine Sauna.
Wer typisch finnische Ferien in der Natur erleben möchte, findet auf der Seenplatte im Osten des Landes beste Bedingungen. Rund 7000 Gewässer und 13 000 Inseln bilden ein grün-blaues Mosaik auf der Landkarte. Etwa 43 000 Ferienhäuser stehen im Saimaa-Seengebiet. Es gibt Hütten ohne Strom, aber auch 5-Sterne-Häuser mit 250 Quadratmetern Wohnfläche, drei Schlafzimmern, Bootsanleger, Grillplatz und eigenem „kalanperkauspaikka“; auf dem Werktisch im Freien wird der gefangene Fisch gereinigt.
Wem der Müßiggang im Haus am See zu langweilig wird, der sollte die Bewegung auf dem Wasser mit der an Land verbinden. Im Linnansaari-Nationalpark kann der Urlauber mit dem Kanu von Insel zu Insel paddeln und dort auf Wanderwegen durch die Wälder streifen. Es gibt 20 Campingplätze im Park, kleine Hütten lassen sich hier auch mieten.
Auf der Hauptinsel des Parks macht sich Jari Kankkunen auf die Suche nach Elchen. „Sie sind so groß wie Pferde, aber sie bewegen sich völlig geräuschlos“, erzählt der Touristenführer. Die Elche kämen oft herüber geschwommen und legten sich dann ganz oben auf der Insel ins Gras. Der Wanderweg dorthin ist ziemlich zugewachsen. Zwischen Fichten und Espen liegen bemooste Felsen, es sieht aus wie in einem Fabelwald. An diesem Tag findet Kankkunen nur die Ausscheidungen der stillen Waldbewohner.
Von der Spitze der Insel verliert sich der Blick im Dunst über dem See und den fernen Inseln. Unten paddeln Kanufahrer, man sieht die orangen Boote hinter den Ästen der Bäume. Ein neun Kilometer langer Rundweg führt am Ufer entlang. Beim Steg, an dem die Fähre anlegt, ziehen Familien ihre Boote an Land und schlagen Zelte auf.
Nur eine knappe halbe Stunde braucht die Fähre von der Insel zum kleinen Ort Oravi. Menschen in Outdoor-Kleidung sitzen auf der Terrasse am Hafen. Wer Ausrüstung vergessen hat oder nicht alles selbst mitnehmen möchte, findet ein breites Sortiment: Es gibt alles von Angeln und Köchern über Zelte und Schwimmwesten bis zu Brennern und Gas. Auch Fischerboote lassen sich in Oravi mieten.
„Es kommen immer mehr Leute, die fischen wollen, vor allem Russen“, berichtet der Ladenbesitzer Jukka Laitinen. In seinem Geschäft hängen einige Trophäenfotos, auf denen Männer stolz ihre Beute in die Kamera halten. Manche Russen, erzählt eine Frau, machten die Fische am Computer noch ein bisschen größer.
Wer an die Finnische Seenplatte reist, möchte keine herausragenden Sehenswürdigkeiten besichtigen. Es geht in erster Linie darum, in der Natur zu sein, und zweitens um den Versuch, die Zerfahrenheit des Alltags zu ordnen. In und um die größte Stadt Savonlinna finden sich aber einige Ausflugsziele, die Abwechslung zu der Entspannung im Ferienhaus bieten. Eines davon ist die Burg Olavinlinna, die als besterhaltene mittelalterliche Festung Nordeuropas gilt.
Der Prachtbau ist das Erkennungszeichen Savonlinnas. Die größte Stadt des Saimaa-Seengebiets wirkt wie eine putzige Ansammlung von kleinen Häusern. Der Hafen ist überschaubar, es gibt Fischbuden und einige Restaurants. Überall kann man „kalakukko“ essen, Maränen im Brot, oder - deutlich hochpreisiger - frischen Zander. Das Elchfleisch wird mit frischen Preiselbeeren aus der Gegend serviert.
Auch die Gegend um Savonlinna lässt sich am besten vom Wasser aus erkunden: Am Hafen startet ein alter Dampfer. Alle Originalteile sind noch an Bord, aber auch ein Laptop mit GPS. Möwen und Seeschwalben verfolgen das alte Schiff. An den Ufern der umliegenden Inseln steht oft ein „Mökki“: mit Rot gestrichener Fassade oder in Gelb und Rosa.
Abends geht es mit dem Boot zurück zum Haus am See. Das Tageslicht schwindet schon. Die Sauna wird angeworfen, ein paar Holzscheite wandern in den Ofen. Weit und breit wohnen keine anderen Menschen, zur Hauptstraße führt eine unbefestigte Straße durch den Wald. Es ist eine warme Sommernacht. Nach dem Bad im See setzt man sich in den Lehnstuhl, schaut über das Wasser und fühlt sich wie ein echter Finne. Doch der gestresste Urlauber merkt schnell: Die Einsamkeit muss man erst einmal aushalten können, um sie zu genießen.