Süße Verführungen: Auf Schokotour in Belgien

Erezée (dpa/tmn) - Wo alle Straßen enden und der Wald von Erezée beginnt, steht die Chocolaterie von Christiane und Philippe Defroidmont. Besucher drängen sich an der Glasscheibe, um einen Blick auf das Geheimnis der Herstellung von Schokolade und Pralinen zu werfen.

Vor etwas mehr als zehn Jahren entschied sich der Bäckermeister, den Familienbetrieb in Haccourt bei Lüttich aufzugeben, alles hinter sich zu lassen und sich in der Einsamkeit des Ardennendorfes Erezée-Briscol eine neue Existenz als Pralinenmacher aufzubauen.

„Anfangs hat man mich noch für verrückt erklärt“, erinnert sich Philippe Defroidmont. „Doch Pralinen und Schokolade sind nun mal meine große Leidenschaft.“ Bis zu 12 000 Besucher pro Jahr kommen in Defroidmonts Pralinenmanufaktur. Eine Multimediaschau zeigt anschaulich den langen Werdegang von der Kakaobohne bis zur Praline.

In Brüssel gelang es dem Schweizer Jean Neuhaus vor beinahe 100 Jahren, mit Butter und Sahne gefüllten Schokoladenkonfekt herzustellen. Neuhaus wurde damit zum Erfinder der Praline. Der süße Fortschritt geschah im Keller der kleinen „Confiserie et Chocolaterie“ in der Galerie de la Reine 23, in jenen Jahren eine der ersten überdachten Einkaufspassagen Europas.

Seitdem zählen Pralinen und Schokolade zur Lebenskultur der Belgier. Laut Statistik der Internationalen Kakao-Organisation (ICCO) in London nascht jeder Belgier pro Jahr 5,5 Kilogramm Schokolade. Besucht man Verwandte, bringt man Pralinen mit, nicht Blumen. Und manchmal sollen die kleinen Köstlichkeiten sogar Geschäfte anbahnen. „Man isst sie nicht einfach, sondern lässt sie langsam und genussvoll auf der Zunge zerschmelzen“, sagt der Chocolatier Etienne de Hucorne vom „Maison des Desserts“ in Namur.

Neben den großen Marken wie Neuhaus, Godiva und Leonidas pflegen heute noch mehr als 400 Chocolatiers in Belgien die handwerkliche Tradition. Manch einer kam erst auf Umwegen zu seiner Kunst. „Mein erster Beruf war Buchhalter, doch als Chocolatier habe ich nun meinen Traumberuf gefunden“, erzählt Yves Lemaire in dem Dörfchen Samrée bei La Roche-en-Ardenne. Im Alter von 30 Jahren ließ er sich umschulen und nennt sich heute Chocolatier Cyril. Seine Begeisterung gibt er bei Vorträgen an die Besucher seiner kleinen Manufaktur weiter.

Wie viele Chocolatiers in Belgien hat auch Jean Galler seine Wurzeln in der elterlichen Bäckerei. Heute steht er als Hoflieferant des belgischen Königshauses in der ersten Reihe. „Bis vor 30 Jahren war die Schweiz bei Schokolade und Pralinen führend, heute sind es die Belgier“, behauptet Galler in seinem Betrieb in Vaux-sous-Chèvremont bei Lüttich. „1993 waren wir die ersten, die Schokolade mit 70 Prozent Kakaoanteil angeboten haben“, erinnert er sich.

Weitaus ungewöhnlicher sind die Geschmacksnoten aus der Chocolaterie von Edouard Bechoux in Florenville. Der Meister der Pralinen ist gleich einem Forscher ständig auf der Suche nach neuen Zusammenstellungen: So lässt der Chocolatier bei seinen Seminaren auch schon mal Pralinen mit Rosmaringewürz zu bitterem Orval-Abteibier servieren. „Dieses Geschmackserlebnis ist mit Sicherheit nichts für jedermann“, sagt Bechoux.

Informationen:

Belgien-Tourismus Wallonie-Brüssel, Cäcilienstraße 46, 50667 Köln, Telefon: 0221/27 75 90.