Sylter Schullandheime öffnen sich für neue Kunden
Rantum (dpa) - Schullandheim - das klingt nach Hanni und Nanni und ein bisschen verstaubt. Auf Sylt wollen viele Heime derzeit neue Wege gehen: Sanieren, modernisieren und andere Zielgruppen ansprechen - etwa die Polizei oder Orchester.
Der Zahn der Zeit ist grau und flächendeckend. Wie ein Spinnennetz webt sich ein heller Belag um das Mädchenhaus von Puan Klent auf Sylt. Das Mauerwerk ist „versalzt“ und porös geworden. Am Rande des kleinen Örtchens Rantum stehen seit bald 100 Jahren die Gebäude des von einer Hamburger Stiftung getragenen Erholungsheims. „Die Nordseeluft hat ein bisschen am Gebäude genagt“, sagt Heimleiterin Martina Affeldt. „Die Gebäude sind nicht konzipiert für einen Ganzjahresbetrieb.“ Eine energetische Sanierung ist dringend erforderlich.
Insgesamt werden etwa acht Millionen Euro für Investitionen in Dämmung, Modernisierung der Zimmer, Erneuerung der Sporthalle und Überholung der Außenanlagen benötigt, schätzt Affeldt. Allein lässt sich der Betrag nicht stemmen - entsprechende Fördermittel-Anträge an Hamburger Behörden wurden bereits gestellt. Die Lage sei aber nicht „hochdramatisch“, sagt Affeldt. In den vergangenen zehn Jahren seien schon 3,3 Millionen Euro investiert worden.
Viele Schullandheime auf Sylt setzen auf Modernisierung, aber auch auf neue Zielgruppen wie Familien oder Vereine. „Wir müssen uns neu erfinden, aber nur für Schulen sind wir nie dagewesen“, sagt der Geschäftsführer des Verbands Deutscher Schullandheime, Michel Weiland. Zumal auch Klassenreisen heute kürzer seien als früher - das hat auch Affeldt beobachtet.
Auch seien die Klassen kleiner geworden, und Eltern hätten manchmal Schwierigkeiten, die Kosten für die Fahrt zu tragen. Zudem reisten Hamburger Schulklassen nur in einer Woche vor den Sommerferien - alle in derselben. Puan Klent will sich daher neuen Kunden öffnen. So werbe man etwa beim Hamburger Betriebssportverband und tue auch einiges für Familien, erläutert Affeldt. Gästezimmer mit eigenen Bädern gehören dazu.
Auch im Fünf-Städte-Heim in Hörnum, ebenfalls seit Jahrzehnten Erholungsziel von Schulklassen, wird investiert: In diesem Jahr gut 1,2 Millionen Euro, sagt Leiter Joachim Buchmann. Eine erneuerte Heizung soll noch kommen. Mit neuen Fußböden und Möbeln, freundlichen Farben und ansprechend gestalteten Fluren will das Heim junge Leute ansprechen. „Wir müssen den Komfort in Jugendherbergen nachvollziehen“, sagt Buchmann. „Wir müssen was tun.“ Dazu gehört auch ein attraktives gastronomisches Angebot: „Sie kriegen bei uns ein Frühstück wie im Hotel.“ Rund 41 000 Übernachtungen verzeichnet das Fünf-Städte-Heim im Schnitt pro Jahr. Viele Stammgäste seien darunter, berichtet Buchmann.
„Die Jugendherbergen werden vom Bund unterstützt“, gibt Maren Kruse, Leiterin des ADS Gerd-Lausen-Hauses in Rantum, zu bedenken. „Wir müssen alles selbst tragen.“ Aber auch ihr Haus will neue Wege gehen: „Wir sollten uns ein Stück weit öffnen für andere Zielgruppen.“ Gerade auf Sylt gebe es Bedarf an günstigeren Unterkünften. „Wir haben einen Markt, um den wir uns kümmern müssen. Sylt ist nicht nur die Insel der Reichen und Schönen.“ Das Rantumer Haus plant eine neue Ausstattung der Zimmer mit modernerer Einrichtung.
Auch das Nordseeheim in Wenningstedt mit zwei Hamburger Trägerschulen will sich neuen Zielgruppen öffnen. Mit Schulen allein sei der Betrieb nicht mehr zu machen, sagt Geschäftsführungsmitglied Malte Klöpper. Interesse zeigen auch andere Gruppen: Chöre hätten angefragt, „ein ganzes Orchester haben wir bei uns gehabt“. Das Heim will an Volkshochschulen, Sportvereine und Firmen herantreten. Erste Voraussetzungen, um auch „Große“ anzusprechen, wurden schon geschaffen: So wurden etwa die sanitären Anlagen erneuert, Privatgäste logieren in Betreuerzimmern mit eigenem Bad.
Über Buchungseinbrüche klagt keines der Heime. Einen leichten Rückgang gibt es bei Puan Klent, im Nordseeheim seien die Zahlen „okay“, sagt Klöpper. Im ADS Gerd-Lausen-Haus hat man jetzt schon zu 95 Prozent die Buchungen von 2013 erreicht, und auch das Fünf-Städte-Heim verzeichnet keinen Rückgang. Es wäre wohl auch Jammern auf hohem Niveau: „Die Inselheime haben weniger Probleme, ihr Haus vollzukriegen, als Heime in Brandenburg oder in der Lüneburger Heide“, sagt Michel Weiland vom Verband Deutscher Schullandheime.