Touristisches Neuland erkunden - Zur EM nach Polen
Warschau (dpa/tmn) - Im Juni wird in Warschau die Fußball-Europameisterschaft eröffnet. Polen erwartet knapp eine Million Besucher - für die meisten wird es touristisches Neuland sein.
Wenn es um die Erfolgschancen des eigenen Teams geht, blicken die meisten Polen der Fußballeuropameisterschaft mit einer großen Portion Skepsis entgegen. „Machen wir uns nichts vor“, sagt der Warschauer Student Andrzej, „wir sind dabei, weil wir Gastgeber sind. Wenn wir nicht gleich in der ersten Runde rausfliegen, ist das schon ein Erfolg.“
Doch als EM-Gastgeber wollen die Polen erstklassig sein und aus den bis zu einer Million erwarteten Fußballfans auch Polen-Fans machen. Doch das Land im Herzen Europas wird für viele der Besucher Neuland sein.
„Gast im Haus, Gott im Haus“, heißt es in einem polnischen Sprichwort und zur EM soll Gastfreundschaft besonders groß geschrieben werden. Polizisten werden in Englischkursen fit für den Umgang mit ratsuchenden Fans gemacht, auch bei den Freiwilligen der UEFA und der Gastgeberstädte sind Sprachkenntnisse gefragt.
Die Reiseplanung der Fans wird mit virtuellem Reiseführer erleichtert. Der Polishpass verbindet Hotelbuchung, Transport und Versicherung, auch der öffentliche Nahverkehr darf kostenlos genutzt werden. Infos zu Land und Leuten, Sehenswürdigkeiten und Events gibt der Polishguide.
Die Flughäfen der polnischen EM-Gastgeberstädte wurden für die EM ausgebaut, und eigentlich sollten auch die Bahnhöfe, Gleisanlagen und Fernstraßen rechtzeitig für das Großereignis modernisiert und erweitert werden. Allerdings zeichnet sich schon jetzt ab, dass vieles nicht fertig werden wird - etwa die Autobahnverbindung vom südpolnischen Krakau Richtung ukrainische Grenze.
Die geplante Bahnverbindung zwischen dem Warschauer Flughafen und der Innenstadt wird es ebenfalls nicht geben, und der U-Bahnbau in der polnischen Hauptstadt hinkt noch kräftig dem Zeitplan hinterher.
Kein sportliches Großereignis ohne Fanzonen - das gilt auch für die EM. In Warschau wird auf dem Plac Defilad die größte Fanzone des Landes entstehen. Wo einst die Mitglieder des Politbüros vom benachbarten Kulturpalast Maiparaden abnahmen, wird im Juni Fußball gefeiert. Die größten Plätze sind auch in den übrigen Gastgeberstädten für die Fans reserviert.
In den vier polnischen Austragungsorten stehen 400 000 Übernachtungsplätze zur Verfügung. Damit ist laut Jan Wawrzyniak, Direktor des Polnischen Fremdenverkehrsamtes in Berlin, die Zahl der Betten im Vergleich zum Jahr 2006 um 40 Prozent gestiegen. Neben Hotelzimmern gibt es Fancamps mit Übernachtungsplätzen für bis zu 5000 Fußballanhänger. Während in den Fancamps schon für 25 Euro eine Übernachtungsmöglichkeit zu bekommen ist, haben viele Hotels ihre Preise für die EM deutlich erhöht.
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch hungrige und durstige Besucher zur EM tiefer in die Tasche greifen müssen als üblich. „Wir erwarten einen Anstieg der Preise von 15 Prozent“, sagte Jan Kosciuszko, Besitzer einer Restaurantkette, in einem Zeitungsinterview. Angesichts des erwarteten Andrangs durstiger Iren und Tschechen in den Fanzonen in Polen dürfte vor allem das Bier teurer werden: „Die Preise gehen etwa 20 Prozent nach oben“, schätzte Kosciuszko.