Ein Friedhof mitten in Berlin - Gräber von berühmten Menschen

Berlin (dpa/tmn) - Der Dorotheenstädtische Friedhof in Berlin ist überschaubar. Überraschend groß ist die Zahl an Grabsteinen mit prominenten Namen. Künstler, Wissenschaftler, Philosophen, Dichter, Architekten und Industrielle fanden hier ihre letzte Ruhe.

An der Chausseestraße in Berlin Mitte wird es tagsüber nie wirklich still. Zur Friedrichstraße sind es nur ein paar Schritte. Touristen strömen vor allem ins Naturkundemuseum. Hinter einer mannshohen Mauer versteckt sich eine weitere Attraktion: der Dorotheenstädtische Friedhof. Dort ist die Hektik der Hauptstadt allerdings plötzlich vergessen. Mitten in Berlin, zentraler als auf dem Zentralfriedhof, ruhen hier Dutzende von Prominenten: Schriftsteller wie Christa Wolf, der Architekt Karl Friedrich Schinkel, der Philosoph Herbert Marcuse oder der frühere Bundespräsident Johannes Rau.

Nein, Berlins größter Friedhof ist es nicht, auch keiner, der mit einer eindrucksvollen Parklandschaft punkten könnte. Aber kaum irgendwo sonst in Deutschland sind auf den Grabsteinen so viele berühmte Namen ganz unterschiedlicher Epochen versammelt - vom 18. Jahrhundert bis heute. Denn noch immer wird der Dorotheenstädtische Friedhof genutzt. Und mancher würde viel darum geben, hier bestattet zu werden - die Grabstellen gelten als ausgesprochen begehrt. Als der Friedhof 1763 angelegt wurde, war das nicht unbedingt abzusehen.

Einen gewissen Ruf hat er sich aber ziemlich bald erworben: „Hier wurden schon früh viele bekannte Persönlichkeiten beigesetzt“, sagt Helmuth Pohren-Hartmann von der Interessensgemeinschaft Historischer Friedhöfe Berlin. „Das lag schon daran, dass die Universität, die Charité und die Akademie der Künste ganz in der Nähe waren.“ Akademie-Mitglieder ruhen tatsächlich Dutzende hier.

Und ein prominenter Autor hat gleich nebenan gewohnt: Bertolt Brecht lebte bis zu seinem Tod 1956 mit seiner Frau Helene Weigel in dem Gebäude, das rechts an den Friedhof anschließt. Heute ist das Brecht-Haus öffentlich zugänglich, beherbergt das Brecht-Archiv und ein Literaturforum, das die jährlichen Brecht-Tage veranstaltet.

Ein schlichter Feldstein mit dem Namen des Toten in weißer Schrift ziert Brechts Grab. Links neben ihm ruht Helene Weigel, die Frau, die nicht nur in vielen seiner Stücke mitspielte, sondern mit ihrem Organisationstalent auch in anderer Hinsicht für seine Inszenierungen unverzichtbar war. Hanne Hiob, Brechts Tochter von seiner ersten Frau Marianne Zoff, ist direkt neben ihm begraben worden. Sie starb erst 2009 - mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem großen Schriftsteller und Dramatiker.

Brecht, der in Berlin schon in den Goldenen Zwanzigern mit Stücken wie der „Dreigroschenoper“ große Erfolge an den Bühnen gefeiert hatte, ging nach dem Exil in Dänemark und den USA zunächst in die Schweiz. Dann kam das Angebot aus Ost-Berlin, das er schlecht ablehnen konnte. Und so wurde die Chausseestraße schließlich sein letztes Zuhause.

Theaterleute, die mit ihm schon zu Lebzeiten verbunden waren, liegen nun auch auf dem Friedhof oft in seiner Nähe: Das Grab von Erich Engel ist nicht weit entfernt - er war der Regisseur der „Dreigroschenoper“. Neben ihm wurde Paul Dessau bestattet, einer der wichtigsten Brecht-Komponisten, genau wie Hanns Eisler, der ein paar Schritte weiter ruht - unter einem schlichten Quader als Grabstein. Selbst Brechts Arzt Theodor Brugsch ist auf dem gleichen Friedhof begraben - und nicht zu vergessen Ruth Berlau und Elisabeth Hauptmann, die beiden weiteren für Brecht wichtigen Frauen.

Genau wie Brecht war Heinrich Mann vor den Nazis nach Kalifornien geflohen. Und in Santa Monica ist der Autor von „Prof. Unrat“ und „Der Untertan“ 1950 auch gestorben, seine Urne kam erst 1961 auf den Dorotheenstädtischen Friedhof. Auf seinem Grab steht heute eine Büste, die sein markantes Gesicht zeigt. Rechts neben ihm ruht Johannes R. Becher, der erst als Autor und Dichter von sich reden gemacht hatte und später Kultusminister der DDR wurde.

Der Schriftsteller Arnold Zweig, Präsident der Akademie der Künste in der DDR, wollte eigentlich auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee begraben werden. Die SED war für den Zentralfriedhof in Friedrichsfelde, wo viele verdiente Kommunisten zur Ruhe gebettet wurden. „Der Kompromiss war dann, ihn hier zu beerdigen“, sagt Helmuth Pohren-Hartmann, „nach jüdischem Brauch“.

Aber auch an Prominenz aus dem 19. Jahrhundert hat der Friedhof einiges zu bieten: Die Gräber der beiden Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Johann Gottlieb Fichte finden sich hier Seite an Seite, nur einige Meter entfernt von Johann Friedrich August Borsig: Der 1854 verstorbene „Lokomotiven-König“ hatte bescheiden angefangen mit einer Eisengießerei und war dann schnell reich und berühmt geworden. Das Borsig-Verwaltungsgebäude lag an der Chausseestraße dem Friedhof gegenüber.

Neben vielen historischen Gräbern, einige mit beachtlichen Mausoleen, gibt es etliche von Prominenten, die erst in den vergangenen Jahrzehnten gestorben sind: Der DDR-Dissident Rudolf Bahro gehört dazu oder die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley. Eine schlichte Stele steht auf einer Rasenfläche mit Gänseblümchen - dem Grab von Heiner Müller, an dessen rechten Rand ein Aschenbecher eingearbeitet ist - der Dramatiker war passionierter Zigarrenraucher und starb an Lungenkrebs.

Auf dem Grabstein von Herbert Marcuse, einem der wichtigsten Intellektuellen der 68er-Bewegung, steht „weitermachen“ als Botschaft an die Lebenden. Passenderweise ganz in der Nähe ist Fritz Teufel begraben worden. Eine rote Rose liegt vor seinem Grabstein, daran angelehnt ein winziges Fahrrad - weil der 2010 verstorbene Politaktivist zuletzt als Fahrradkurier gearbeitet hatte. Auf dem Grabstein ist sein berühmtes Zitat zu lesen: „Wenn's der Wahrheitsfindung dient“. So hatte er 1967 bei einem Prozess die Aufforderung kommentiert, vor den Richtern aufzustehen.

Ein Freund des Establishments war er nie, im Gefängnis verbrachte er gleich mehrere Jahre. Nun steht sein Grabstein gar nicht so weit entfernt von dem des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau. Auch das wäre nicht überall denkbar.

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Jebel Hafeet: In Schlangenlinien auf Abu Dhabis höchsten Gipfel und von dort die Aussicht genießen Tausend Meter über der Wüste