Fastnacht in Bernau Zum Scheibenschlagen in den Schwarzwald

Bernau (dpa/tmn) - In Bernau muss man sich auskennen. Im ausgedehnten Hochtal wird kein kommerzieller Rummel betrieben, es wird kein Fackelzug organisiert und kein Budendorf aufgebaut wie andernorts. Nein, wer hier in den Schwarzwald zum Scheibenschlagen möchte, muss sich durchfragen.

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Bernau ist nicht einfach eine geschlossene Siedlung, sondern eine Ansammlung von Weilern, ursprünglich als Lehen des nahen Klosters St. Blasien gegründet. So heißen die Ortsteile denn auch Ober- oder Innerlehen, Weierle, Riggenbach oder Dorf.

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Das Besondere in Bernau ist die Vielzahl der Scheibenfeuer, die in sieben Ortsteilen und an allen Tagen der Fastnachtswoche entzündet werden - bis auf Aschermittwoch, denn an diesem Tag wird nicht gefeiert. Scheibenschlagen ist ein alter mitteleuropäischer Brauch - glühende Holzscheiben werden von Berghängen ins Tal geschleudert.

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Mit über Jahre oder gar Jahrzehnte geübtem Schwung und eigens ausgesuchten Stöcken werden die glühenden Holzscheiben weit ins Tal hinaus geschlagen. Sie drehen sich funkensprühend wie ein Diskus, bevor sie im hohen Schnee landen und ihr Feuer verglimmt.

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Vor dem Hof des Tischlers Josef Pschera an der Hauptstraße in Dorf hängen einige Scheiben draußen an einem Schild. Vorher anrufen erweist sich als besser. Denn wenn der Schreiner sägt, hört er in seiner Werkstatt weder Klopfen noch Rufen.

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Beim zweiten Anlauf - die Scheiben sind nun reserviert - gelingt der Kauf. Frau Pschera gibt Tipps und rät zu Stirnlampe und Stulpen über den Jeans. Der Weg sei schmal und der Schnee hoch und nass. Am Abend erfährt man von Einheimischen beim Schulhaus weitere Details und fühlt sich wie bei der Schnitzeljagd: An der Bank dort oben vorbei, dem Trampelpfad folgen, bis hinauf zum Waldrand und dann der Nase nach.

Beim Aufsteigen im letzten Tageslicht schimmern die Lichter unten im Ort ganz malerisch, und am gegenüberliegenden Berghang lässt sich ein weiteres Feuer erkennen. Und tatsächlich: Am Waldrand angelangt, steigt einem der Rauch des Holzfeuers bereits in die Nase. Nach zwei weiteren Serpentinen taucht das Feuer auf, mit etlichen Menschen, die im dicken Schneegestöber oberhalb des Bernauer Ortsteils Dorf bereits zugange sind.

Das Feuer brennt bereits heiß und hell, am kleinen Unterstand sind Nägel eingeschlagen, an denen die Rucksäcke mit dem Proviant trocken hängen können. Sonst gibt es hier nichts außer rutschigen Pfaden: Die Rampe steht ein Stück oberhalb des windgeschützt angelegten Feuers direkt an der Hangkante.

Nun gilt es, die Kunst des Scheibenschlagens zu erlernen: Die Scheibe wird mit dem Loch fest auf den Stecken, eine Art Stab, gedrückt, denn vorzeitig soll sie sich nicht lösen. Dann im Feuer ringsherum anbrennen, bis sie ordentlich glüht und nun, den Stecken sicherheitshalber nach oben haltend (falls jemand entgegenkommt!) zur Rampe stapfen.

Anschließend erzählt Pschera Geschichten. Er war mehrmals Scheibenmeister. „Wenn ich das nicht mehr machen könnte, wäre mir nicht wohl“, sagt er.

Der alemannische Brauch ist uralt: Rund 1000 Jahre? Oder noch älter? Am 21. März 1090 setzte eine brennende Scheibe ein Nebengebäude des Klosters Lorsch in Brand, so heißt es in einer Urkunde.

Die Gebräuche und Sprüche unterscheiden sich von Ort zu Ort, genau wie die Tage der Feier: Mancherorts wird zum Abschluss des Scheibenschlagens noch ein Feuerrad zu Tal gerollt. Bei Haslach im Kinzigtal beispielsweise, wo sich der Brauch selbst im Ortsnamen widerspiegelt: Am „Scheibenbühl“ in Schnellingen wird das Fest stattfinden. Dort allerdings erst am vierten Sonntag der Fastenzeit, dem „Lätere“.

Meist findet das Scheibenschlagen eine Woche nach dem Fastnachtstermin statt, also am ersten Sonntag in der Fastenzeit, oder auch am Vorabend, damit das Fest unbeschwert ausgekostet werden kann. In manchen Dörfern in Tirol werden ebenfalls die Scheiben geschlagen, auch in der Steiermark kennt man den Brauch.

Dass aber an mehreren Abenden hintereinander ganz ursprünglich die Feuer entzündet werden, das ist einzigartig. Und gibt es nur hier im Hochtal: in Bernau im Hochschwarzwald.

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