Was war 2016 im Job? Warum Innehalten Berufstätige weiterbringt
München (dpa/tmn) - Es ist ein Luxus, für den sich viele kurz vor Weihnachten keine Zeit nehmen: Einen Abend lang einmal nur über den Job reflektieren. Dabei gibt es bei so einem Rückblick viel zu gewinnen.
Berufstätige wissen hinterher häufig mehr darüber, woher Stress und Belastungen im Job rühren.
Und ihnen ist klarer, wann sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind. „Mit seinem Auto geht man auch zur Inspektion, um zu verhindern, dass es kaputtgeht“, sagt Prof. Kornelia Rappe-Giesecke, die zum Thema Karriere und Karriereberatung forscht. Es lohnt sich also ein systematischer Jahresrückblick. Doch wie geht man das am besten an?
Ideal sei, bei der Reflexion drei Schritte zu machen, sagt der Karriereberater Sascha Schmidt aus München. Im ersten geht es um den klassischen Faktencheck. „Da sollte man einfach mal runterschreiben, was man eigentlich gemacht hat.“ Der zweite Schritt ist der emotionale Lebenslauf. Dabei überlegt man, wie man sich bei diesem Job eigentlich gefühlt hat. Im dritten Schritt überprüft man dann seine Persönlichkeit. „Man sollte hinterfragen: Was bremst mich aus? Was treibt mich voran?“, erklärt der Experte.
Ergänzend dazu können auch diese Fragen helfen: Was ist für mich eine Belohnung? Was ist für mich ein Horrortag? Was ist für mich Erfolg? „Die Antworten auf diese Fragen kann man dann abgleichen mit dem, was man im vergangenen Jahr eigentlich erlebt hat“, sagt Rappe-Giesecke. Falls das Ergebnis eher negativ ist, sollten Berufstätige fortfahren und weitere Fragen beantworten: Wie sieht mein idealer Arbeitsplatz aus? Gibt es eine bestimmte Branche, in der ich mich besonders wohlfühle? „Dies kann man dann wieder mit dem Erlebten abgleichen und erhält so eine präzisere Analyse“, erläutert Rappe-Giesecke.
Um sich zeitlich zu orientieren, bietet es sich an, in Quartalen zu denken, empfiehlt der Work-Life-Coach Carsten Alex. Oft vergessen Berufstätige im Rückblick viele Details. Um das im Jahr darauf zu vermeiden, ist es hilfreich, sich ein Notizbuch zuzulegen, rät er.
Nach der Analyse hat man oft schon eine Idee, was man verändern möchte. Doch viele wissen auch, wie schwierig es ist, sie umzusetzen. Man müsse zunächst einmal lokalisieren, was genau man verändern möchte, sagt Alex. Sind es die Arbeitszeiten, das Gehalt oder die Zusammenarbeit mit dem Chef?
Schmidt warnt eindringlich davor, gleich einen radikalen Schnitt zu machen und zum Beispiel den Job zu wechseln. Stattdessen rät der Karriereberater, einen Plan B durchzuspielen. Berufstätige sollten sich fragen: Was wäre, wenn ich den Job nicht mehr hätte? Was würde ich dann machen? Wo würde ich mich bewerben? Wer sich seines Plans B bewusst ist, setzt eher Grenzen und sieht die Realität häufig ein Stück gelassener.
Wer weiß, was er verändern möchte, aber befürchtet, dass er sich nicht an die guten Vorsätze hält, kann einen Vertrag mit sich selbst schließen. „Dabei schreibe ich auf, was ich erreichen will und wie viel Zeit ich mir selbst gebe, um es zu erreichen“, erklärt Rappe-Giesecke. Nach drei Monaten kann man sich den Vertrag erneut anschauen - oder man macht das zusammen mit einem guten Freund. Dann sei der Druck ganz anders, fügt die Professorin hinzu. Viele sind dann besonders entschlossen, Ergebnisse vorzuweisen, um sich vor dem Freund nicht zu blamieren.
Wichtig ist jedoch, sich nicht zu viel vorzunehmen, sagt Work-Life-Coach Alex. Pro Quartal sei ein Teilziel ausreichend. Und in jedem Fall sollte man mit den einfachsten Vorhaben beginnen, den „quick wins“, sagt der Experte und fügt hinzu: „Mitte des Jahres zieht man dann noch mal eine Zwischenbilanz und korrigiert gegebenenfalls“.
Doch noch mal einen Schritt zurück: Und wo macht man so einen Jahresrückblick am besten? Und mit wem? Berufstätige sollten sich auf jeden Fall ausreichend Zeit nehmen und dafür einen Ort der Ruhe finden, rät Work-Life-Coach Alex. Das kann zum Beispiel eine Bibliothek oder ein Museum sein. Ob man den Rückblick gemeinsam oder alleine macht, ist Geschmacksache. Mit einem Freund habe man eine externe Meinung und könne sich dem Thema besser nähern, sagt Schmidt. Keine gute Idee sei jedoch, den Partner zu Hause zu befragen, da der einem zu nahe steht.
Eines sollte auch klar sein: Veränderungen bedeuten Arbeit. Wer langfristig eine Verbesserung erzielen will, sollte auch langfristig denken. Regelmäßige jährliche Rückblicke helfen dabei. „Am besten macht man sich jetzt schon einen Termin für 2017 zum Bilanzgespräch“, rät Alex mit Blick aufs neue Jahr.