Kommunale Gebühren Eigentümerverband: Städte kassieren zu viel
DÜSSELDORF · Müll- und Abwassergebühren, Grundsteuer: Haus & Grund vergleicht 100 Städte bundesweit; Wuppertal und Solingen wehren sich gegen Kritik.
Zu den Nebenkosten, die ein Mieter oder Immobilieneigentümer zu zahlen haben, gehören Heizkosten, Strom, Hausmeister, Versicherungen und vieles andere. Aber da sind auch Nebenkosten, auf deren Höhe Mieter und Eigentümer keinen Einfluss haben. Weil sich deren Höhe allein aus dem Standort ihres Hauses ergibt. Kosten, die die jeweilige Kommune den Bürgern auferlegt: Gebühren für Müll oder Abwasser oder auch die Grundsteuer. Und eben das geschehe äußerst intransparent, kritisiert Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland.
Der Interessenverband der Haus- und Wohnungseigentümer hat das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Consult beauftragt, 100 deutsche Städte miteinander zu vergleichen. Ergebnis: Geht es um die addierten Jahreskosten für Müll, Abwasser und Grundsteuer, so beträgt der Unterschied zwischen der teuersten Stadt (Leverkusen) und der preiswertesten (Regensburg) 1100 Euro im Jahr. Kalkuliert für eine vierköpfige Musterfamilie auf 120 Quadratmetern Wohnraum. Warnecke rechnet vor: „Mit diesen 1100 Euro könnte eine Person 14 Tage in den Urlaub fahren, eine vierköpfige Familie ihre jährlichen Stromkosten bezahlen oder sich gar einen Kleinwagen leasen.“
Für Warnecke ist es nicht nachvollziehbar, warum es in einigen Städten zu solch hohen Kosten kommt. Er weist darauf hin, dass immerhin 22 Städte im Vergleich zum entsprechenden Ranking vor drei Jahren die Kosten für die Abwasser- und Müllentsorgungsgebühren sowie für die Grundsteuer senken konnten. Darunter Bonn (minus 120 Euro) und Düsseldorf (minus 53 Euro). Für die Bürger aller anderen Städte würden die Nebenkosten insgesamt aber teurer.
Wir legen in unserer Info-Grafik den Fokus darauf, wie es in den Städten im Verbreitungsgebiet dieser Zeitung aussieht. Auch wenn sie ein wenig besser abschneiden als der Tabellenletzte Leverkusen, stehen die bergischen Städte Solingen, Remscheid und vor allem Wuppertal (Platz 92), aber auch Mönchengladbach (Drittletzter) nicht gut da. Krefeld rangiert im unteren Tabellenviertel.
Warnecke fordert die Städte auf, gemeinsam nach Lösungen für eine gute Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen zu akzeptablen Preisen zu suchen. „Die uns von den teuren Kommunen präsentierten Ausreden sind sehr variabel und ideenreich, helfen aber niemandem weiter.“ Für ihn seien die Mehrkosten, die es in einzelnen Städten gibt, allein damit begründet, dass „die Kommunen ihre Taschen füllen“ wollten. Man müsse über Preisbremsen im Bereich der Gebühren und kommunalen Steuern nachdenken. Alles, was einen Durchschnittswert übersteigt, solle den Bürger zur Rückforderung berechtigen, so die Idee. Jedenfalls seien derartige Preisunterschiede, wie es sie derzeit gebe, „einfach nicht tragbar“.
Wie Solingen und Wuppertal auf die Zahlen reagieren
Zwei Städte, von dieser Zeitung mit der Kritik von Haus & Grund konfrontiert, weisen das zurück. Der Solinger Pressesprecher Thomas Kraft betont, dass etwa bei den Abwassergebühren der direkte Vergleich mit anderen Kommunen schwer möglich sei, da der Leistungsumfang sehr unterschiedlich sei. „Die Abwassergebühren werden grundsätzlich anhand der tatsächlich anfallenden Kosten berechnet. Gegebenheiten vor Ort, etwa Menge und Art der Einleitung in das Kanalnetz, spielen eine entscheidende Rolle: in Solingen vor allem die Topographie mit gemischten Solinger Höhenlagen“. Durch die zum Teil starken Gefälle seien immer wieder aufwändige Pumpstrecken notwendig, die in Städten mit geringeren Höhenunterschieden nicht benötigt würden. Darüber hinaus sei der Ausbau des Kanalnetzes in Solingen inzwischen sehr weit fortgeschritten, fast alle Haushalte seien angeschlossen. Dennoch seien in den letzten fünf Jahren die Abwassergebühren in Solingen um nur 5,2 Prozent gestiegen, was unter der allgemeinen Preissteigerung liege.
Im Bereich der Abfallgebühren stehe Solingen mit Platz 34 recht gut da. Auch hier sei bei Vergleichen zu berücksichtigen, dass sich die Gebühren nach dem Behältervolumen sowie dem Leerungsrhythmus richten.
Martina Eckermann, Sprecherin der Stadt Wuppertal, betont ebenfalls, die Voraussetzungen der Städte seien doch sehr unterschiedlich. Auch sie verweist darauf, dass eine Stadt mit einer sehr bergigen Topografie und starken Höhenunterschieden eine erheblich aufwändigere Infrastruktur ihres Leitungsnetzes mit zahlreichen Pumpstationen brauche, um das Wasser mit dem nötigen Druck zu den Haushalten auf den Höhen zu bringen. Und bei den Müllgebühren berücksichtige ein Vergleich gar nicht, ob es in einer Stadt etwa kostenlosen Sperrmüll gibt, oder flächendeckende Recyclinghöfe oder etwa kostenlose Papier- und Komposttonnen. Dem Vorwurf der Intransparenz hält sie entgegen: „Unsere Gebührenkalkulationen werden in Verwaltungsgerichtsverfahren regelmäßig überprüft und genauso regelmäßig bestätigt. Gebühren werden nicht willkürlich festgesetzt, sondern nach den rechtlichen Vorgaben auf Basis der tatsächlichen Aufwände kalkuliert.“ Im Übrigen kritisiert Eckermann auch, dass bei der Erhebung im Auftrag von Haus & Grund ein Drittel der Vergleichszahlen aus dem Jahr 2019 stamme und schon daher gar keinen aktuellen Gebührenvergleich begründen könne.