Fakten und Fälschungen Erste deutsche „Fake News“-Attacke aus Trumps Unterstützer-Netzwerk
Neuland. Die medialen Nachwehen der Silvesternacht enthalten ein Lehrbuch-Beispiel, wie wichtig zur Unterscheidung von Fakten und Fälschungen die Überprüfung der Quellen ist.
Das rechtspopulistische Netzwerk „Breitbart“ des künftigen Chefstrategen im Weißen Haus, Stephen Bannon, verbreitete am 3. Januar von London aus, bei den Silvesterfeiern in Dortmund habe ein Mob von 1000 Mann die Polizei unter „Allahu Akbar“-Rufen angegriffen und die älteste Kirche Deutschlands in Brand gesetzt (siehe hier: goo.gl/ZWvwBo). Dabei berief sich das Bannon-Netzwerk auf einen Bericht der örtlichen „Ruhr Nachrichten“, den es auch verlinkte (siehe hier: goo.gl/QNkUyf).
Die in weiten Teilen frei erfundene und mit einem Youtube-Standbild aus einem Nazi-Kanal bebilderte Geschichte — es riefen nicht 1000 Männer „Allahu Akbar“, es waren nicht überwiegend Muslime auf dem Platz, es wurde keine Kirche angezündet, die auch nicht die älteste in Deutschland ist — war wohl nicht für deutsche Leser gedacht. Denn wer den Link zur angeblichen Bestätigungsgeschichte der „Ruhr Nachrichten“ aufrief (und auf Deutsch lesen konnte), fand dort eben keine Bestätigung.
Das Medien-Portal Meedia berichtete, wie sich die Fälschung von Breitbart im Internet weiter verbreitete (siehe hier: goo.gl/XQmLHj), die „Ruhr Nachrichten“ selbst schrieben auf, wie Breitbart darauf reagierte, dass etliche Medien die „Fake News“ aus London enttarnten: Ein Breitbart-Autor aus London habe kritisiert, „dass der Reporter der Ruhr Nachrichten, der in der Silvesternacht in der Dortmunder Innenstadt unterwegs war, der Breitbart-Redaktion bei deren Arbeit nicht assistiert habe. Unser Redakteur erhielt in den Tagen nach den Berichten über die Silvesternacht in Dortmund zahlreiche Anfragen von Journalisten. Jedoch nicht aus der Breitbart-Redaktion“ (ganzer Bericht hier: goo.gl/6MJvhK).
Was daraus zu lernen ist: Grundsätzlich ist alles, was keine Quelle beziehungsweise keinen Absender hat, bloß ein Gerücht. Das bloße Nennen von Quellen darf man parteiischen Plattformen nicht glauben, sondern muss sie — wie der Fall Breitbart zeigt — überprüfen. In Dortmund berichteten Polizei und Lokalzeitung übereinstimmend von einer „normalen“ Silvesternacht. Bedenklich stimmen mag lediglich, was in Dortmund als normal gilt: 180 Einsätze, 79 Platzverweise, 13 Festnahmen, 28 Verletzte, davon fünf Polizisten.