Fakten und Fälschungen Im Meer der Nachrichten-Lügen
Neuland. 66 Folgen lang hat Christian Scherg mit seiner Kolumne „Digitale Verunsicherung“ jeden Samstag auf die täglichen Fallstricke im Internet hingewiesen, das für uns alle immer noch Neuland ist.
Im Vorfeld des Wahljahres 2017 wollen wir ab heute den digitalen Fokus auf die Flut von Nachrichten-Fälschungen richten, mit denen das Internet und die sozialen Netzwerke in bislang ungekanntem Ausmaß überschwemmt werden. Wir werden aktuelle „Fake News“ enttarnen, über Fälscher-Netzwerke und ihre Ziele berichten, vor allem aber Hinweise und Hilfestellungen geben, wie Leserinnen und Leser Fälschungen erkennen und sich so vor Hetze und Desinformation schützen können.
Wie sehr Fälschungen bereits begonnen haben, echte Nachrichten zu verdrängen, dokumentierte nach der US-Wahl Craig Silverman, Medien-Redakteur des US-Medienunternehmens „Buzzfeed“, in einer Analyse der Facebook-Aktivitäten zu den 20 Top-Wahl-Geschichten (Link zur Analyse: goo.gl/vG3fsF). Demnach erreichten die Fälschungen kurz vor der Wahl mit 8,7 Millionen Kommentaren, Reaktionen und Weiterverlinkungen mehr Aufmerksamkeit als echte Nachrichten mit nur 7,3 Millionen Aktivitäten. Die Top 3 unter den Fake-News bei Facebook waren: 1.) Der Papst würde eine Präsidentschaft von Trump begrüßen, 2.) Wikileaks bestätigt, dass Hillary Waffen an den IS verkauft hat, und 3.) Es ist vorbei, Hillarys IS-Mails sind geleakt.
Pünktlich zur Adventszeit wird von rassistischen Hetzern auf deutschsprachigen Internetseiten gerade ein Video verbreitet, das angeblich zeigen soll, wie ein muslimischer Mob in der Dresdner Altmarkt-Galerie einen christlichen Weihnachtsbaum plündert. Tatsächlich wurde der Youtube-Film im Januar 2016 in der „Mall of Arabia“ in Kairo aufgenommen. Und er zeigt auch keine Muslime, die einen Weihnachtsbaum abreißen, sondern koptische Christen, die in den Baum klettern, um dort kleine, versteckte Geschenke zu finden. Die US-Fakten-Check-Seite snopes.com hat die ganze Geschichte bereits Mitte November aufbereitet (Link zur Story: goo.gl/Jt1xxE).
Das Video ist ein gutes Beispiel dafür, wie einfach zumindest solch plumpe Fälschungen zu erkennen sind: 1.) Es gibt keine überprüfbare Quelle zu diesem Video. 2.) Eine einfache Foto-Suche bei Google führt sofort zu dem Ergebnis, dass die Altmarkt-Galerie in Dresden komplett anders aussieht.