Digitale Verunsicherung Von Robots, die unsere Lektüre bestimmen

Lesestoff. Auf jeder Internet-Seite findet sich mehr als genug. Und Googles Webcrawler wühlen sich durchs Netz und bewerten. Was sie am besten finden, das landet ganz oben in den Suchergebnissen.

Foto: Sergej Lepke

Google bestimmt, welche Beiträge lesenswert sind: Lektor und Zensor in einem. Entsprechend hart ist der Kampf um die ersten Plätze in der Ergebnisliste. Auch wenn die Zeiten, in denen die bloße Häufung und Kombination von Schlüsselbegriffen zum Erfolg führte, vorbei sind, so gilt noch immer: Nur was Google-Robots gefällt, das hat die Chance, gefunden und aufgerufen zu werden.

Autoren wollen gelesen werden. Daher geben sie sich Mühe mit ihren Texten, auf Googles erster Seite zu erscheinen. Denn weiter schweift das Auge der Rezipienten meist nicht, die thematisch nach Beiträgen suchen. Das Ergebnis: Allzu oft erweisen sich die ersten Fundstellen als Einheitsbrei, der sich in Wortwahl und Inhalt wiederholt. Das mag Google: Was viele schreiben, wird schon relevant sein. Innovative Wortspiele und kreative Zusammenhänge hingegen versteht der schlichte Suchgigant nicht.

Bei aller Qualität der Algorithmen, die darüber entscheiden, was lesenswert ist, und ganz dahingestellt, ob Google bei der Auswahl auch eigene Interessen verfolgt: Das Suchergebnis filtert unsere Lektüre. Die Bandbreite entspricht dem Geschmack der Vorkoster, die Google auf die Internet-Reise schickt. Geistvoll ist die Auswahl nicht, bestenfalls effizient, nie aber objektiv und ausgewogen. Denn die Bots lassen sich bestechen. Seiten, die speziell für Googles Fahnder aufbereitet wurden, haben eine wesentlich bessere Chance, hoch gelistet zu werden. Kollaboration wird belohnt.

Web-Publisher werden zu Online-Strategen und Suchmaschinenoptimierung zur redaktionellen Leitlinie. Stromlinienförmige Texte landen in der Hitparade der Suchergebnisse. Und jedes Update, das Google seinen Algorithmen angedeihen lässt, zwingt die gefälligen Inhalte der Seiten ins neue Korsett.

Das passt uns nicht: Wer sich nach Google richtet, überlässt das Denken und Verstehen einem Unternehmen, das nicht mehr Wissen, sondern Mehrwert erstrebt.