Digitale Verunsicherung Von Facebook, das seine Grenzen kennt

Abschaum! Schmarotzer! Heuschrecken! So und noch schlimmer werden Menschen in Not in den Hasstiraden und Aggressionsorgien auf Facebook bezeichnet. Hier darf offensichtlich jeder hetzen wie er will.

Foto: Sergej Lepke

Und dafür gibt es dann „Likes“ en masse. Und was macht das soziale Netzwerk gegen solche Killerpostings? Nichts. In der amerikanischen New Economy gibt’s traditionell freie Getränke und freie Meinungsäußerung. Auf die Softdrinks mag man dort noch verzichten, auf die Redefreiheit aber auf keinen Fall. Das gilt selbst dann, wenn Standpunkte rassistisch, radikal und menschenverachtend ausfallen, es sei denn, sie sind sexuell anstößig. Dann wird gelöscht.

Die amerikanische Verfassung schützt auch extreme Auffassungen als demokratisches Redegut. Eine klare Ansage, bei der Inhalte keine Rolle spielen. Volksverhetzung? Wer etwas dagegen hat, soll es selbst sagen. Da fühlen sich von Recht und Gesetz US-Unternehmen nicht in der Pflicht. Das sehen wir hier anders und fordern, dass Facebook Hetz- und Hassmails entfernt. Dass man bei Facebook per Mausklick verlangen kann, dass Inhalte gelöscht werden, genügt nicht. So leicht wie sich‘s Begehren äußert, so unwirksam ist es: Denn Facebook prüft nur, ob das Gesagte eine echt amerikanische Bedrohung darstellt, also zu unmittelbarer Gewalt oder zu konkreter Rufschädigung aufruft. Ansonsten passiert nichts. Da kann man sagen, was man will.

Daher lassen sich Amerikaner in ihren europäischen Niederlassungen nicht gerne reinreden. Das gilt um so mehr, wenn es um europäische Werte geht statt ums Geschäft. Wer mitreden will, soll sich lieber ins Facebook-Getümmel stürzen. So steigern Hass und Hetze den Umsatz. Genau hier lässt sich aber Facebook empfindlich treffen: Wenn wir uns aus asozialen Netzwerken mit faschistischen Hetzkampagnen verabschieden, ist das unmissverständlich. Jeder Verlust zählt. Statt zu schwatzen, einfach abhauen und woanders weitersurfen, das schlägt mehr Wellen in internationalen Konzernen als ein politischer Sturm im Softdrinkbecher.