Samsung Galaxy S5 im Test: Groß, bunt, nur Modellpflege
Weniger als ein Jahr nach dem Galaxy S4 präsentiert Samsung den Nachfolger Galaxy S5. Was ist neu im aktuellen Flaggschiff? Lohnt sich der Umstieg?
Das Galaxy S5 hat es von Anfang an nicht leicht gehabt. Schon nach der Vorstellung auf dem Mobile World Congress in Barcelona hieß es, das Gerät sei zu langweilig, biete keine bahnbrechenden Neuerungen. Seit gut zwei Wochen ist es nun auf dem Markt, Zeit für uns, Samsungs neues Flaggschiff eingehend unter die Lupe zu nehmen.
Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass Samsung das Galaxy S4 herausgebracht hat. Vom Vorgänger unterscheidet sich das neue Galaxy S5 optisch kaum. Es ist ein wenig größer und schwerer geworden, die immer noch hauchdünne Plastikrückseite kommt nun in griffiger Lederoptik daher. Neu ist auch die Abdichtung der Elektronik gegen eindringendes Wasser und Staub. Im Gehäusedeckel verläuft eine Gummidichtung, der USB-Anschuss wird von einem Stopfen verriegelt. IP 67 nennt sich die Norm, die der Hermetisierung zugrunde liegt. Bis zu 30 Minuten Tauchbad in einem Meter Wassertiefe sollen für das Galaxy S5 kein Problem sein.
Die Bildschirm ist noch einmal gewachsen. Das 1920 mal 1080 Pixel messende Super-Amoled hat nun eine Diagonale von beinahe 13 Zentimetern. Farbwiedergabe, Betrachtungswinkel, Helligkeit und Kontrast gefallen auf Anhieb. Sogar bei Sonnenschein lässt sich das Display noch recht gut ablesen. So manch anderes Spitzenmodell sieht dagegen ziemlich blass aus.
Im Vergleich zum Vorgänger gibt es leicht beschleunigte Hardware. Im Galaxy S5 werkelt ein Vierkernprozessort von Qualcomm mit 2,5 Gigahertz, dazu zwei Gigabyte Arbeitsspeicher und 16 Gigabyte Festspeicher im Testgerät. Per Micro-SD-Karte lässt sich der Speicher noch um 64 Gigabyte (lt. Samsung) erweitern. Der Erweiterungsspeicher wird direkt oberhalb des Steckplatzes für die Micro-Sim-Karte eingeschoben. Das geht notfalls auch, ohne den Akku zu entfernen. Beim ersten Einschalten waren auf dem Testgerät noch 11 Gigabyte verfügbar.
2800 Milliamperestunden fasst die auswechselbare Batterie des Galaxy S5. Sie hielt im Test — je nach Beanspruchung — rund eineinhalb bis zwei Tage durch. Wer ständig online und aktiv ist, schafft einen Tag und muss über Nacht laden. Doch es gibt einige Einstellungen, wie sich Energie im Alltag sparen lässt. Zum einen ist da ein Energiesparmodus, der das Gerät in einen monochromen Modus versetzt, in einer weiteren Stufe werden dann nur noch die Grundfunktionen des Telefons aufrecht erhalten.
Schon das Galaxy S4 hatte zahlreiche neue Funktionen wie Air View, Augesteuerung, schnelles Bluetooth 4, NFC und LTE an Bord. Neu sind im aktuellen Gerät ein Infrarotsender, der das Telefon zur Fernbedienung macht, ein Pulsmesser auf der Rückseite und ein im Home-Button versteckter Fingerabdrucksensor. Neu ist leider auch die inzwischen übliche Samsung-Regionensperre. Das Galaxy S5 lässt sich nur mit einer europäischen Sim-Karte betreiben, wenn es auch in Europa gekauft wurde.
Auch die Kamera ist überarbeitet worden. Schon am Vorgängermodell gab es an der Kamera nichts auszusetzen, nun hat sie eine Auflösung von 16 Megapixeln und laut Samsung auch einen schnelleren Autofokus. Im Alltagseinsatz überzeugen die Aufnahmen. Für eine Smartphonekamera bietet das Galaxy S5 sehr detailreiche Bilder mit starken Kontrasten. Stellenweise wirken die Aufnahmen stark nachgeschärft. Was das S5 nicht so gut kann, sind Aufnahmen bei wenig Licht. Hier fällt ein starkes Rauschen auf. Auch der Weißabgleich fällt gelegentlich überraschend aus. Allerdings mag das auch an der lebhaften Farbdarstellung des Display liegen. Am Computerbildschirm sehen die Bilder in vielen Fällen um einiges farbloser aus.
Videos nimmt das Smartphone nun auch im hochauflösenden 4K-Modus auf. Bis sich entsprechende Bildschirme durchgesetzt haben, dürften allerdings nur wenige Nutzer in den vollen Genuss der detailreichen Aufnahmen kommen.
Eine Neuerung, die man durchaus zwiespältig sehen kann, ist der Fingerabdrucksensor. Er steckt im Home-Button und kann sowohl zum Entsperren des Bildschirms genutzt werden als auch zur Sicherung privater Dokumente oder sogar zur Paypal-Authentifizierung. Für manchen Nutzer dürfte es schon aus grundsätzlichen Erwägungen tabu sein, biometrische Daten auf dem Telefon zu speichern, zumal nicht sicher ist, ob sie auch wirklich nur dort bleiben.
Wer sich entschließt, seinen Fingerabdruck als Entsperrfunktion zu nutzen, erhält einen zuverlässig funktionierenden, aber reichlich komplizierten Weg, sein Telefon zu entsperren. Der Sensor erkennt den Abdruck nämlich zuverlässig, verlangt aber im Gegensatz zum Sensor des aktuellen iPhones eine festgelegte Bewegung von oben nach unten — ähnlich wie es bereits seit Jahren in einigen Notebooks üblich ist (siehe Bild oben, Foto: tsn). Das ist in der Praxis reichlich kompliziert und macht es unmöglich, das Telefon mit einer Hand zu nutzen und zu entsperren. Für Fans von biometrischen Sicherheitsmerkmalen ist es also eine gute Idee, die allerdings nicht optimal umgesetzt wurde.
Eine weitere neue Funktion ist ein Pulsmesser unterhalb der Kamera an der Rückseite des Geräts. Wer hier seinen Finger auflegt (nicht zu feste) kann seine Herzfrequenz ermitteln lassen. Das lässt sich für einige Fitnessapps möglichweise gut nutzen, ist aber nicht mehr als eine Spielerei.
Für Samsung ist tragbare Hardware wie die Armbanduhr Galaxy Gear derzeit schwer im Trend. Auch wenn man die Geräte in Deutschland noch nicht wirklich häufig sieht, sie werden nach und nach besser nutzbar. Zum Galaxy S5 gibt es optional mit der Galxy Gear Fit (Bild oben, Copyright: Samsung) eine arg verschlankte Version der Galaxy Gear mit einem gebogenen Amoled-Display. Dieser Minicomputer am Handgelenk erlaubt in Verbindung mit dem Smartphone Schrittzahlung, arbeitet als Pulsmesser und erlaubt die Übertragung von allerlei Nachrichten auf das Display am Handgelenk. So kann man einen Überblick über SMS, Anrufe und E-Mails erhalten, ohne das recht große Galaxy S5 aus der Tasche zu holen. 200 Euro kostet der Spaß, der Akku hält etwa zwei Tage durch. Verbindung zum Telefon wird über Bluetooth aufgenommen.
Auf dem Galaxy S5 ist die neueste Version des Google-Betriebssystems Android installiert. Darüber hat Samsung eine aktualisierte Version seiner Nutzeroberfläche TouchWiz gelegt. Wer schon bei älteren Versionen Probleme hatte, auf die Schnelle die richtige Einstellung im System zu finden, wird es jetzt noch schwieriger finden. Die grafisch reduzierte Oberfläche ist leider überladen mit verschiedenen Icons und Einstellungsmöglichkeiten, dazu kommt eine recht gewöhnungsbedürftige Sortierung.
Nervig ist die Fülle an Programmen, die vorinstalliert sind und sich nicht löschen lassen. Mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass sich Android 4.4 bei der Inbetriebnahme aggressiv nach Erlaubnis für die Weitergabe und Vernetzung privater Informationen des Nutzers fragt, soll man sich bei unzähligen Diensten, Samsung-Konten oder auf den ersten Blick wenig sinnvollen Programmen wie "My Magazine" anmelden. Nicht nur Android-Neulinge werden hier gefühlt erschlagen, während sie ihr Telefon das erste Mal einschalten.
Vom Design her ist das Galaxy S5 näher an die erfolgreichen Modelle der Note-Reihe herangerückt, ansonsten ist es eine logische Weiterentwicklung des Vorgängers, ohne allerdings große Verbesserung bei Leistung und Speicher mitzubringen. Zwar überzeugten uns Telefonleistung, Ausdauer und der wirklich gute Bildschirm. Auch die Abdichtung des Gehäuses gegen Wasser und Staub sind praktisch.
Wirklich neue Funktionen wie Pulsmesser und Fingerabdrucksensor sind an sich gute Ideen, ehrlicherweise hätten sie aber besser umgesetzt werden können. Auch die Neugestaltung des Betriebssystems und der Oberfläche kann man durchaus als wenig gelungen bezeichnen. Nach dem Test bleibt bei uns der Eindruck zurück, dass das Galaxy S5 ein Opfer des schnellen Produktzyklusses geworden ist. Mit mehr Entwicklungszeit wäre der Unterschied zum Vorgänger wohl merklicher ausgefallen.