Digitale Verunsicherung Von Klammern, die die Menschen stigmatisieren
Klammeraffen: Neonazis kennzeichnen im Internet neuerdings Juden, indem sie ihre Namen in (((drei Klammern))) setzen. Dies gibt jüdische Netcitizen der rechtsextremen Kontrolle, Häme und Verfolgung preis.
Willkürlich heften die Netznazis jüdischen Mitmenschen (oder die sie dafür halten) in sozialen Netzwerken, Foren und Blogs die Dreifachklammern wie einen Judenstern an.
Ganz schön hohl: Drei Klammern für die Gesinnung und in der Mitte noch ein fremder Name, radikaler könnten Rechte kaum zeigen, dass ihnen Inhalte fehlen. Doch die Neonazi-Klammern sind mehr als ein Offenbarungseid. Sie zeigen, wie gezielt Rechtsextreme ein System nutzen, in dem sich mit Sonderzeichen und Bildern Botschaften verbreiten lassen, die in Textform ausgefiltert würden. Stigmata wie subversive Klammern können Suchfunktionen nämlich nicht finden. Sie fallen durchs Raster automatischer Erkennung bei Facebook, Twitter, Google & Co.
Ohne Schutz sind attackierte Personen feindlicher Umklammerung ausgeliefert: Sie wird wirksam, sobald der Name ins Auge fällt, der ohne Klammern, ohne Punkt und Komma, ohne Wenn und Aber, wie eh und je von Suchmaschinen gefunden wird. Die Kennzeichnung an der Fundstelle wirkt dann im Blick des Betrachters, ändert seine Sicht, sein Wissen: Schau an, ein Jude, heißt die Botschaft, der sich keiner entziehen kann. Schon geht die Saat des Antisemitismus auf, die ihren Schatten auf jede Aussage wirft.
Der faschistische Klammeraffe trifft sein Urteil ganz nach Laune. Er kennt den Glauben der Person? Klammer auf! Er kennt ihre politische Einstellung? Klammer auf! Er kennt ihren wirtschaftlichen Erfolg? Klammer auf! Er kennt Beruf, Familienstand und Wohnort? Dreifachklammer zu! Die Logik der Verräter ist simpel und beliebig. Wenn jede Anfeindung haltlos ist, braucht es weder Beweise noch Argumente. Doch die Sinnfreiheit kulminierter Klammern bietet eine Chance: Durch inflationären Gebrauch lässt sich die Neutralität wieder herstellen.
Gemeinsam entziehen wir uns der arischen Umarmung. Der Antisemitismus im Netz aber bleibt und wird andere Zeichen setzen, die sich nicht abreißen lassen. Denn wer nichts zu sagen hat, kann so faschierte Gesinnung zeigen.