Anna Eindorf - die Realistin hat noch Träume
Anna Eindorf (29) arbeitete als Modedesignerin für C&A. Dann entschied sie sich jedoch für das kleine Label „667“.
Düsseldorf. Mitte Juni überwachte Anna Eindorf noch hochschwanger das Foto-Shooting für die nächste Sommerkollektion. Jetzt sitzt sie wieder am Schreibtisch und zeichnet Entwürfe für die Wintersaison 2011 - während der wenige Wochen alte Marlon schläft. "Nur Mutter - das wäre mir zu viel", sagt die 29-jährige Designerin. Der kleine Marlon muss sich früh an ein Leben zwischen Stoffmustern und Nähmaschine, zwischen Ackerstraße und Modemessen gewöhnen. Aber Anna hat das schließlich auch geschafft.
"Bei uns sind alle so", sagt sie und meint ihre Familie: Der Vater hatte eine Kunstgalerie, jetzt einen Möbelladen - auch auf der Ackerstraße. Ihre Mutter nähte viel und verkaufte die Eigenkreationen, heute noch arbeitet sie in einem Modeladen. Anna hatte eine Kindheit irgendwo zwischen Lebenskunst und Bohème.
Verträumt allerdings ist die junge Frau nicht. Nicht mehr zumindest. "Früher war mein Wunsch der eigene Laden mit Café-Atmosphäre, in dem man die selbstgenähten Sachen verkauft." Heute weiß sie, dass Träume und Verkauf nicht immer unter einen Hut zu kriegen sind.
Immerhin: Pragmatische Lebensentscheidungen traf Anna auch schon als junges Ding. 2001 begann sie ihr Studium an der Akademie Mode und Design (AMD) in Düsseldorf, nach dem Abschluss bekam sie eine Stelle als Designerin für C&A. "Eine gute Schule", sagt Anna. "Mir war vorher nicht klar, wie eine solche Firma funktionieren kann."
Und dann pfuschte ihr der Zufall in die Karriereplanung. Zum Glück. Bei einem Trip nach Berlin buchte Anna über die Mitfahrzentrale, saß im Auto mit Wildfremden, kam ins Gespräch. Dann bat einer sie um fachkundige Hilfe mit einem kleinen T-Shirt-Label, das er und seine Freunde aus Spaß für Vespa-Treffen und Motorsport-Events gegründet hatten. Anna willigte ein, sich die Ideen der Jungs mal anzuschauen. Einer der Teilhaber, Tim Brückmann, wurde ihr beim ersten Termin allerdings vorenthalten - er werde nur anfangen zu flirten, erklärte man Anna. Heute ist Tim der kaufmännische Kopf des Labels "667 - one step ahead of the devil" mit Geschäften in Berlin und an der Düsseldorfer Ackerstraße und einem Vertrieb in ganz Deutschland. Er bekommt heute auch die Rechnungen der exklusiven "667"-Designerin Anna Eindorf. Und er ist Papa. Von Marlon.
"Streetwear war eigentlich gar nicht mein Ding", sagt Anna rückblickend. Wohl ein Grund dafür, dass bei "667" spaßige T-Shirts heute weitgehend von schicker Alltagskleidung mit hochwertigen Materialien wie Merinoschafswolle verdrängt wurden. Anna blickt an den Metallständern mit den Werken für den Sommer 2011 entlang: "Inzwischen stehe ich voll hinter den Sachen." Streetwear in schön - das Leben besteht eben aus Kompromissen.
Dazu gehört auch, dass Anna nebenbei Grafik- und Designarbeiten für größere Unternehmen erledigt. Irgendwann, so hofft sie, wird "667" so viel abwerfen, dass sie sich nur noch zwischen ihrer Mode und ihrer Familie zerteilen muss. Ein bisschen träumen wird ja erlaubt sein.