Düsseldorfer wollen den Thunfisch retten
Mit einer Art Viagra für Fische versuchen die beiden Forscher, die Zucht der stark vom Aussterben bedrohten Tiere zu ermöglichen.
Düsseldorf. Der atlantische Blauflossen-Thunfisch hat ein Problem. Sein rotes Fleisch macht ihn vor allem in Japan so beliebt, dass er vom Aussterben bedroht ist. Kein Problem, mag man jetzt denken, „Wildlachs“ kommt doch inzwischen auch zum größten Teil aus Fischfarmen, warum nicht also auch den Blauflossen-Thunfisch nachzüchten? Bedauerlicherweise hat der Fisch aber noch ein weiteres, spezielleres, Problem: Er kann sich nicht in Gefangenschaft nicht fortpflanzen.
An diesem Punkt helfen Florian Borutta und Stephan Schulz der Natur auf die Sprünge. Die beiden Biologen von der Heinrich-Heine-Universität haben im August ihre GmbH mit dem programmatischen Namen „Tunatech“ gegründet. „Die Tiere kriegen von uns gewissermaßen Viagra, damit sie zur Reproduktion in Gefangenschaft angeregt werden“, erklärt Borutta.
Eigens dafür haben die beiden eine Spezialharpune entwickelt, mit der sie den Fischen ein körpereigenes Hormon verabreichen können. Das Hormon wird schon lange in der Fischzucht verwendet, für Thunfische war es aber bislang untauglich. „Wir haben es so weiterentwickelt, dass es auch auf sie angewandt werden kann“, sagt Borutta. Das Ganze klingt vielleicht wenig appetitlich, für die bedrohte Tierart ist es aber tatsächlich ein Hoffnungsschimmer. „Entweder Aquakultur“, sagt Schulz, „oder der Fisch stirbt aus.“
Im Juni und Juli ziehen die Fische in riesigen Laichschulen ins Mittelmeer. „Richtige schwarze Flecken sieht man dann im Meer“, sagt Schulz. Fischer kreisen die Schulen mit Netzen ein, anschließend werden die Tiere in Schleppkäfigen zu verschiedenen Fischfarmen gezogen. Eine Reise, die Monate dauern kann.
Der weitere Weg ist vorgezeichnet: Erst werden sie gemästet, dann geschlachtet und zu 90 Prozent nach Japan verkauft. Wie verrückt die Japaner nach diesem Fisch sind, beweist ein Blick auf die Preisliste: 45 Euro kostet ein Kilo Blauflossen-Thun im Schnitt, in Ausnahmefällen werden aber auch schon mal bis zu 6000 Euro bezahlt. 1,3 Millionen Euro hat sich der Besitzer einer Sushi-Kette den ersten Thun der Saison kosten lassen. Für nachhaltigen Fischfang bleibt bei solchen Summen kein Platz.
Die mögliche Rettung für den Raubfisch kommt aus einem Düsseldorfer Labor. Das Konzept haben Schulz und Borutta entwickelt, als sie an der Heinrich-Heine-Universität an ihrer Doktorarbeit gearbeitet haben. Seitdem hangeln sie sich von Stipendium zu Stipendium. Bis April ist die Finanzierung gesichert, dann brauchen sie andere Fördertöpfe oder einen Investor. Denn Thunfischzucht ist Hightech und bis zur „Serienreife“ ist weitere Forschung nötig.
Allein die Investitionen für die nächsten zwei Jahre liegen im Bereich von zwei Millionen Euro aufwärts. Zurzeit leben die Biologen von einem bescheidenen Uni-Gehalt, ungefähr der Hälfte ihrer Doktorandenbezüge. In viereinhalb Jahren soll Tunatech wirtschaftlich sein. Bis jetzt sind sie Dienstleister für andere Fischfarmen.
„Aber irgendwann wollen wir mit einem Investor zusammen eine eigene Zucht im Mittelmeer aufbauen“, sagt Borutta. Nach drei Jahren wären die Zuchtfische schlachtreif, sie wären dann rund 30 Kilo schwer und bis zu 1,20 Meter lang. „Ob ich dann aus Deutschland weggehen würde, weiß ich nicht“, sagt er und schaut aus seinem Büro im Life Science Center auf den im Regen liegenden Aachener Platz. „Aber mehr Zeit im Süden verbringen - warum nicht?“