Guttenberg trifft Ahmadinedschad - im Rosenmontagszug
Guttenberg als 11. September-Pilot, Ahmadinedschad in Hakenkreuz-Form - die Düsseldorfer Karnevalsjecken haben mal wieder die Grenzen der "Political Correctness" ausgereizt. Rheinaufwärts setzte man dagegen eher auf Sonne, Kölsch und gute Stimmung.
Düsseldorf/ Köln. Auf diese Gesellschaft hätte Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg sicher gut verzichten können: Bei den Rosenmontagszügen am Rhein muss er sich genauso verspotten lassen wie der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad oder der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi.
In Düsseldorf steuert der Ex-Verteidigungsminister einen Kampfjet direkt ins Kanzleramt. „Merkels 11. September“, heißt es dazu. Beim „Zoch“ der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt haben die Wagenbauer um Kreativkopf Jacques Tilly auch diesmal wieder die Grenzen der „Political Correctness“ ausgereizt.
Die Ahmadinedschad-Figur auf einem weiteren Motivwagen hat Arme und Beine so verdreht, dass sie die Form eines Hakenkreuzes bilden. Der Machthaber flüchtet vor Flammen, die den Aufstand in der arabischen Welt symbolisieren. „Dem brennen ja schon die Hacken“, kommentiert Zuschauer Heinz Rustige die Persiflage.
Etwas kritischer sehen es Claudius und Oliver, die als bunte Löwen in der Fußgruppe der schwulen KG Regenbogen mitlaufen. Das Hakenkreuz eigne sich eigentlich nicht als Symbol im Straßenkarneval, meinen sie - kommen dann aber doch zu dem Schluss: „Das ist grenzwertig, aber schon noch okay.“ Zwei Nonnen - nein, sie sind nicht verkleidet - können selbst am „Weltjugendtagswagen“ nichts Anstößiges finden.
„Wahrheit ist nun mal Wahrheit“, sagt eine der beiden zu der bissigen Missbrauchssatire: Ein kleiner Junge sitzt auf dem Schoß eines Priester - dazu der Schriftzug: „Bei uns ist jeden Tag Weltjugendtag.“ Solche Töne wären in Köln völlig undenkbar. Dort wurde das Dreigestirn dieses Jahr sogar vom Papst empfangen.
Der Dom ist am Rosenmontag zwar sicherheitshalber geschlossen, aber eine Bäckereiverkäuferin ist sich sicher: „Der liebe Herrgott muss ein Kölner sein, dass er uns so schönes Wetter geschickt hat.“ Der Himmel ist blau, die Musik schon um 10.00 Uhr ohrenbetäubend und mit jedem Glas steigt die Stimmung. Mitten im Zoch genießt ein Ordner der Blau-Weißen Funken den Sonnenschein. Bei einem kurzen Zug-Stopp hat er sich an seinen Wagen gelehnt und blinzelt in die Sonne.
„Ich erinnere mich an Schneegestöber und Eiseskälte, aber so macht das Ganze doch gleich viel mehr Spaß.“ Am Rand steht eine Gruppe Jecke um einen Tisch aus übereinandergestapelten Paletten herum und fordert lautstark „Kamelle“. Auf dem Tisch sind Schüsselchen mit Käsewürfeln und Gläser mit Milch und natürlich Kölsch platziert. „So machen wir das jedes Jahr, schon seit ewig“, erklärt ein als Mozart verkleideter Mann.
„Wir sind eine Gruppe Freunde und machen immer unser Picknick am Zoch.“ Ob das erlaubt sei? „Ist Falschparken erlaubt?“ entgegnet der Jeck etwas verständnislos. Während sich das Volk entlang der Zugstrecke um Plätze in der ersten Reihe reißt, kämpft ein Trupp Straßenkehrer auf der Domplatte gegen die Überreste des Wochenendes.
Das Glas-Verbot in der Innenstadt sorgt für weniger Verletzungen, aber auch für Unmengen zertretener Plastikbecher auf den Straßen. Rund 1,5 Millionen Gäste erwartet Köln zum längsten Rosenmontagszug Deutschlands, überzeugte Karnevalshasser treten da lieber die Flucht an. Für Hanna Scherr, die „schon immer“ den Rosenmontag in Köln verbracht hat, ein Frevel sondergleichen: „Manche Leute muss man zu ihrem Glück zwingen.“
Harald und Karin Czech sind aus Büsum in Nordfriesland angereist und finden die jecke Zeit in Köln „einfach herrlich“. Was jetzt noch zu einem perfekten Rosenmontag fehle? „En Bützche“, schallt es kölsch aus Haralds norddeutscher Kehle, und er drückt seiner Frau einen dicken Schmatzer auf die Wange.