Hassels: Bibliothek als Rückzugsraum

Die Grenzen zwischen Kinderclub und Kinderbücherei sind hier bewusst fließend. Lesen soll eine Freizeitbeschäftigung sein.

Düsseldorf. In der Kinderbücherei In der Donk herrscht ein reges Kommen und Gehen. Drei Mädchen wollen ihre Bücher verlängern, eine vierte möchte ein Spiel haben. Während die Größeren gezielt nach Büchern, CDs und Spielen greifen, kommt ein kleiner Junge in den Raum, schaut sich um und geht wieder. Drei- bis viermal innerhalb einer Viertel Stunde.

"Er langweilt sich im Kinderclub", kommentiert Büchereileiterin Hedwig Lepique dieses Verhalten. Sie ist es gewohnt, dass ihre Besucher Anlaufschwierigkeiten haben. Da lockt das gemütliche Sofa in der Mitte des Raumes oft mehr als die Bücher oder der PC, an dem Kinder bis 13 Jahren eine halbe Stunde kostenlos surfen können. Für viele ist die Bücherei zum Rückzugsraum geworden.

Hassels-Nord ist ein schwieriger Stadtteil mit einer nicht unbedingt lesebegeisterten Klientel. Deshalb wurde die Kinderbücherei bewusst neben dem Kinderclub untergebracht. Der Unterschied ist vielen Kindern oft nicht bewusst. Wenn die Bücherei um 17 Uhr schließt, meinen die kleinen Besucher oft, dass der Kinderclub geschlossen wird.

"Stadtteilarbeit ist bei uns besonders wichtig", sagt Lepique. Vor den Ferien hat sie zum Beispiel mit der 4. Klasse der Hermann-Gmeiner-Grundschule an der Schillstraße ein besonderes Projekt durchgeführt.

Nach dem Motto "Lesen ist Kino im Kopf" haben die Schüler mit dem Medienpädagogen Heiko Walter Werbeclips nach ihren Lieblingsbüchern gedreht. "Das war eine ganz spannende Sache" erzählt die zehnjährige Shannon. Gemeinsam mit Nick, Sven, Niclas und Karolin hat die eine Szene aus Harry Potter gespielt.

Harry Potter, "Die 3 Fragezeichen" oder deren Gegenstück für Mädchen "Die 3 Ausrufezeichen" gehören derzeit zu den am meisten gelesenen Büchern. "Wir sind eine Freizeitbücherei, unser Bestand richtet sich nach dem Mainstream", sagt Lepique.

Deshalb wechseln auch häufig die Bücher, rund 6.500 Euro stehen ihr für Neuanschaffungen zur Verfügung. Kinderbuchklassiker wie "Onkel Toms Hütte" oder "Pippi Langstrumpf" sind längst ausgemustert.

Bei der Auswahl der Bücher richtet sich Lepique nach einfachen Kriterien: "Das Cover ist wichtig und im Buch müssen viele Bilder vorkommen, sonst werden sie nicht gelesen", sagt sie. Obwohl der Ausländeranteil im Stadtteil groß ist, ist das Interesse an Büchern aus den Herkunftsländern gleich null. "Denn diese werden mit Armut assoziiert."

Um verstärkt auf Kinder im Vorschulalter zugehen zu können, kommt seit einem Jahr einmal monatlich eine Vorlesepatin. Am häufigsten nutzen die Zehn- bis 14-Jährigen die Bücherei. Ist dann deren Lesebegeisterung geweckt, können sie an andere Stadtteilbüchereien ausweichen.