Jugendschutz: Lehrer gehen als Sheriffs auf Alkoholkontrolle
Schulen haben schlechte Erfahrungen mit Altweiber gemacht — und sich vorbereitet.
Düsseldorf. Die Cowboy-Hüte passen perfekt zu ihrer Rolle als Altweiber-Sheriffs. „Habt ihr was dabei? Lasst mich mal in eure Taschen schauen.“ Lehrer Philip Dahmen steht ab 7.30 Uhr mit Kollegin Anika Schoppe am Eingang des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums in Benrath. Die beiden schnuppern an Flaschen und lassen sich Rucksäcke öffnen. „Wir kontrollieren, ob die Schüler Alkohol dabei haben“, sagt Dahmen, der Sport, Englisch und Sozialwissenschaften unterrichtet.
Das Annette-Gymnasium hat schlechte Erfahrungen an Altweiber gemacht. „Im vergangenen Jahr lag ein Zehntklässler völlig hilflos auf dem Flur und hat sich die Seele aus dem Leib gekotzt“, erzählt Lehrerin Schoppe. Der Junge musste mit dem Krankenwagen abgeholt werden. Schoppe sagt: „Danach hatten wir Lehrer auch keine Lust mehr, Karneval zu feiern.“
Die 15-jährige Ellen ist davon gar nicht begeistert. „Auf gar keinen Fall“, zischt sie Dahmen entgegen, als der um Einsicht in ihre Tasche bittet. Doch die Alternative ist der Gang zum Sekretariat, um die Tasche dort abzugeben. Murrend klappt Ellen den Taschendeckel zurück: Hefte, ein Buch, eine Vanillemilch und eine Flasche Wasser. „War doch gar nicht so schlimm“, sagt Alkohol-Sheriff Dahmen. Aber Ellen besteht auf ihre Privatsphäre: „Hier kontrolliert zu werden, ist nicht in Ordnung.“
Die meisten Schüler lassen die Prozedur mit einem Lächeln über sich ergehen und auch die Lehrkräfte sind bemüht, mit lockeren Kommentaren, der Kontrolle den offiziellen Beigeschmack zu nehmen. Sport- und Geografie-Lehrer Norbert Knist hat sich symbolisch als Bierflasche verkleidet und erntet etliche Lacher.
Vier 16-jährige Kopien von Kiez-Kalle kommen durch die Tür. Genau die Zielgruppe der Sheriffs. Philip Dahmen findet in einem Rucksack eine verdächtige Plastikflasche. Anika Schoppen analysiert per Riechtest: „Das ist nur Apfelsaft mit Wasser.“ Den 16-jährigen Florian nervt das Ganze ein bisschen: „An Karneval Alkohol zu trinken, ist doch normal.“ Jetzt muss die Clique nach der Schule einen Umweg machen, um Bier zu besorgen.
Neben dem Annette kontrollierten am Donnerstag auch andere Gymnasien. Leibniz-Leiter Bernd Verfürth schickte einen 17-jährigen Schüler nach Hause, den er vor dem Eingang mit einer großen Tasche voller Schnapsfläschchen angetroffen hatte: „Die hat er an Oberstufenschüler verteilt.“
Auch Norbert Münnix vom Marie-Curie-Gymnasium stand morgens mit Kollegen an der Schulpforte. In den Vorjahren hatten die Lehrer einige betrunkene Schüler ertappt, diesmal ist Münnix nur einer aufgefallen, der dann durch die Atemkontrolle fiel: „Den habe ich von den Eltern abholen lassen — manchmal bin ich eben gemein.“
Und dann auch am Annette der Ernstfall: Am Rand des Schulgeländes kreisen bei Oberstufenschülern um 8 Uhr die Flaschen. Sheriff-Dahmen beschlagnahmt zwei 1,5-Liter-Flaschen Wodka-Red-Bull und eine Batterie Kleiner Feigling. Sonst bleibt es ruhig. Um 11.11 Uhr steigt die schuleigene Karnevalssitzung und dann geht es für die Älteren in die Altstadt. „Ich bin froh, wenn Mittag ist und alle weg sind“, sagt Anika Schoppe und geht in die Sporthalle. Jetzt ist sie wieder Lehrerin und nicht mehr Sheriff.