Neue Studie zeigt die Kluft zwischen Arm und Reich
Neuauflage der Sozialräumlichen Gliederung beleuchtet detailliert die Situation in 166 Vierteln der Stadt.
Düsseldorf. Jahrelang rang die Politik um eine Neuauflage des zuletzt 1999 erschienenen Armutsberichts. Rot-Grün wollte sie, Schwarz-Gelb blockte ab. Dafür arbeiteten das Jugendamt und das Amt für Statistik und Wahlen an einer umfassenderen Studie mit dem sperrigen Titel „Sozialräumliche Gliederung“. Und deren jetzt erschienene, 240 Seiten starke Neuauflage bietet tatsächlich ein detailliertes und aussagekräftiges Bild. Denn das Konvulut schaut nicht bloß von weitem auf die zehn Stadtbezirke oder die 49 Stadtteile, sondern viel tiefenschärfer auf 166 Sozialräume.
Zwar arbeitet die Studie mit Daten bis zum Stichtag 31.12.2010. Doch deren Relevanz bezweifelt niemand, zumal sich die meisten Zahlen bis heute nicht groß verändert haben dürften.
Für alle Sozialräume wird zunächst ihr Gebiet (Lage, Besiedelung, Grünflächen) gekennzeichnet. Es folgen die Bevölkerungsstruktur (Alter, Ausländeranteil), die Entwicklung des Viertels nach Zu- oder Wegzügen, die Haushaltsgröße (Single bis Familien) soziale Lage (z.B. Hartz-IV-Bezug), der Anteil von Hauptschülern und Gymnasiasten sowie der Wohnstandard (Fläche, Eigentum oder Miete).
Politisch brisant sind vor allem die teilweise erheblich auseinanderklaffenden sozialen Verhältnisse, im Klartext: die Unterschiede zwischen Arm und Reich. Im Dichterviertel in Stockum geht es besonders nobel zu, fast 70 Quadratmeter Wohnfläche hat hier jeder Einwohner im Schnitt. Die mondäne Rheinfront in Oberkassel mit den „Kaiser-Ringen“, wo der Anteil an öffentlich geförderten Wohnungen ebenso bei 0,0 Prozent liegt wie der von Kindern in Hartz-IV-Familien. Das „echte“ Zooviertel rund um die Tiergartenstraße oder das Ludenberger Villenviertel zwischen Gallberg und Rotthäuser Weg, wo es keinen Hauptschüler gibt und der Anteil der Harz-IV-Empfänger gerade mal 0,9% ausmacht: Überall hier ist Düsseldorf richtig reich.
Am anderen Ende der Skala weist die Studie explizit soziale Brennpunkte aus: das Oberbilker Viertel am Bahndamm zum Beispiel mit seiner Nähe zum Rotlichtmilieu und einem Ausländeranteil von 52 Prozent. Krasse Zahlen weist die Siedlung im Norden Garaths rund um den Schwarzen Weg auf: Fast 60 Prozent beziehen hier „Hartz-IV“, nur 4,4 % Prozent der Schüler gehen aufs Gymnasium — in Teilen von Niederkassel sind es dagegen über 90 Prozent.
Oft dürften die Ergebnisse auf Kenner der Stadt erwartungsgemäß wirken, man weiß schließlich, welche Quartiere im Ruf einer „Bonzen-Ecke“ stehen und welche als Arme-Leute-Viertel gelten. Die Studie der Stadt zeigt freilich auch eindrucksvoll, dass auf die meisten Stadtteile keine eindimensionalen Etiketten passen. In Rath liegen Reichtum (Eitelstraße) und Armut (Theodorstraße) ganz nah beieinander. Im Linksrheinischen liegen Welten zwischen Niederkassel und westlichen Teilen von Heerdt.
Nicht immer korrelieren vermeintlich zusammenhängende Faktoren: Im Süden von Lörick zum Beispiel, an der Hansaallee, beträgt der Ausländeranteil 45 Prozent, vor allem Türken leben dort. Die Arbeitslosen- und die Hartz-IV-Empfänger-Quote aber liegen keineswegs über dem Stadt-Schnitt. Oder: Im gut betuchten Kaiserswerth-Ost/ Kalkum ist der Hauptschüleranteil mit 17,4 Prozent überdurchschnittlich.