Schrebergarten ist out — es lebe der Strebergarten
Düsseldorf. Es waren harte Wochen auf dem Acker. Erst regnete es gar nicht, dann nur noch. Es war zeitweise so nass, dass die Nacktschnecken sich Regenmäntel anziehen wollten. Stattdessen zogen einige Exemplare von „Arion rufus“ — der Großstadtbauer hat sich getreu dem Motto „Kenne deinen Feind“ schlau gemacht — es vor, in unserer Radieschen-Reihe Unterschlupf zu suchen und fanden auch noch einen reich gedeckten Tisch.
Nach Wochen der Sorge um zarte Pflänzchen, die keine Anstalten machten, uns zu sagen, was sie mal werden wollen, wenn sie groß sind, standen Piet, Christine und ich nun vor eben diesen Radieschen in Niederkassel. Bereit, uns von der Scholle etwas zurückzuholen. „Die hier können wir jetzt ernten“, sagte ich mit der Pilotenstimme. Die signalisiert: „Alles im Griff, es verläuft alles planmäßig, die Außentemperatur beträgt acht Grad Celsius. Bitte lassen sie ihre Radieschen noch angeschnallt, bis wir unsere endgültige Ernteposition erreicht haben.“
Doch so ungeduldig wie die ganz wichtigen Geschäftsleute, die schon telefonierend an ihren Trollis in der Gepäckablage nesteln, wenn der Pilot die Landeklappen ausfährt, griff Piet nach einem Radieschen-Blatt, steckte es sich in den Mund, kaute und schaute — nun ja, etwas enttäuscht. Als wir ihm dann klar gemacht hatten, dass man bei den Radieschen normalerweise das Rote isst, was in der Erde steckt, behauptete er: „Na klar, war ja nur ein Scherz.“ Zwar kann man auch die Radieschen-Blätter im Salat oder wie Spinat essen. Aber dass er das wusste, bezweifelten wir doch.
Ansonsten macht sich die Arbeit im Niederkasseler Lehmboden bezahlt. Es sprießt und gedeiht. Als die Sonne sich dann vergangenen Samstag doch noch erinnerte, dass eigentlich schon Mai ist. War auf dem Acker richtig was los. Und es ist nur allzu menschlich, dass dann mal über die Trampelpfade, die den eigenen Acker markieren, hinausgeschaut und verglichen wird.
„Mensch, Sie haben aber eine tolle Rankhilfe für die Erbsen gebastelt“, sagte die Gartennachbarin und bewunderte das Wunderwerk deutscher Ingenieurskunst aus sieben Bambusstöckchen und einer Plastikschnur. Nur wenig später mussten wir der Dame Respekt zollen. Sie stand am Zuckermais und plante mit Zettel und Stift akribisch den Anbau durch. Schrebergarten war gestern — es lebe der Streber- garten.