Tausendfüßler-Abschied: Ein Tag zwischen Trauer und Freude

Die Stadt nennt 35 000 Besucher, vielleicht waren es mehr: Auf jeden Fall war der Wandertag ein gelungenes Finale.

Düsseldorf. Die meisten waren ihm noch nie so nah. Zehntausende Düsseldorfer haben am Sonntag im Schneeregen zum ersten und letzten Mal zu Fuß den Tausendfüßler erklommen. Für die einen ein trauriges Ereignis: Sie können immer noch nicht fassen, dass das Baudenkmal aus der Wirtschaftswunderzeit bald Geschichte ist. Für die anderen ein freudiges: Weil der Hochbahn aus den 60ern jetzt endlich das letzte Stündchen geschlagen hat.

„Der Tausendfüßler spaltet die Stadt, und das ist der Hauptgrund, weshalb er weg muss“, sagt OB Dirk Elbers bei seiner Ansprache. Er bekennt: Am liebsten hätte er auf einen Knopf gedrückt „und dann würde es einfach zusammenfallen“.

Mit einem großen Knall löst sich die Hochstraße zwar nicht in ihre Einzelteile auf, dafür aber mit vielen kleinen. „Was wollen die denn mit den Brocken“, fragt ein Passant beim Anblick der Mauerspechte, die Löcher in den Beton schlagen. „Kommen die in die Vitrine neben das Stück von der Berliner Mauer?“

Im Fall von Ludger Klepper stimmt das sogar. „Ich war auch 1989 in Berlin dabei, allerdings hat mir damals ein Vopo meinen Hammer abgenommen. Heute ist es entspannter.“ Wehmütig ist er trotzdem. „Es ist ein Symbol der Aufbruchzeit, davon gibt es nicht mehr viele“, sagt er und hämmert im Rhythmus der Dixie-Band weiter.

Auch an ihrem letzten Tag als offizielle Straße spaltet das Bauwerk die Gemüter. Überall gibt es Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern. „1964 war das okay, aber heute nicht mehr“, sagt ein Passant, während Architekt Christoph Spoo traurig ist. „Eines der interessantesten Verkehrsbauwerke überhaupt - das gibt es kein zweites Mal.“

Die meisten schwelgen einfach in Erinnerungen und knipsen schnell noch ein paar Erinnerungsfotos. Wie die Zukunft aussehen wird, sehen sie zwei Etagen tiefer. Zurückgeleitet werden die Besucherströme nämlich durch den bereits fertiggestellten Tunnel unter dem Jan-Wellem-Platz hindurch.

Ab 14 Uhr mischen sich dann auch noch die Abrissgegner von Lott Stonn unter die Fußgänger. Für sie ein echter Trauermarsch, den sie stilecht mit Trauerkleidung und schwarzen Luftballons begleiten.

Und natürlich haben auch sie eine eigene Kapelle dabei. Als sich ihre — ohnehin sehr eigenwillige Version — von Chopins Trauermarsch mit dem Geklapper der Mauerspechte vermischt, wird aus dem Baukörper endgültig ein Klangkörper.

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