Auf einen Kaffee mit ... Thomas Geisel: „Es gibt im Rat das Jekyll-und-Hyde-Phänomen“
OB Thomas Geisel zur harten Kritik an seiner Person, dem Streit im Rat und den großen Herausforderungen für die Stadt 2017.
Herr Geisel, neulich erinnerte der Hoppeditz daran, dass Sie gerade mal gut zwei Jahre im Amt sind — kommt Ihnen das nicht auch länger vor?
Thomas Geisel: Manchmal kommt es einem vor wie eine Ewigkeit, manchmal denke ich: hoppla, schon mehr als zwei Jahre vorbei. Aber wenn Sie damit auch fragen, ob mir das Amt als Oberbürgermeister noch Spaß macht, dann kann ich immer noch ehrlich antworten: ja. 85 Prozent der Termine und Aufgaben sind Neigung, erledige ich wirklich gerne, den Rest aus Pflichtbewusstsein.
Aber die Kritik, die zuletzt — Stichwort Schauspielhaus — auf Sie einprasselte, macht sicher weniger Spaß.
Geisel: Nun, es ist ein frei gewähltes Schicksal. Da gehört Kritik dazu, manchmal auch unsachliche.
Als Sie 2014 anfingen, wollten Sie das Amt nach meinem Eindruck wieder etwas bundespräsidialer gestalten.
Geisel: Nein, ich habe mich sicher nie in erster Linie als Repräsentant der Stadt gesehen.
Ich meinte das auch nur in dem Sinne, dass Sie weniger Parteienstreit wollten, dass Sie das Amt überparteilicher ausüben wollten — aber da hat die CDU nicht mitgespielt, die neue Fraktionsführung setzte gleich auf harte Konfrontation. Hat Sie das überrascht?
Geisel: Ja, in diesem Sinne kann ich mit bundespräsidial etwas anfangen. Es hat mich in der Tat überrascht, dass selbst bei Fragestellungen, die sich gar nicht in ein politisches Rechts-Links- oder Liberal-Konservatives-Schema einordnen lassen, es ganz merkwürdige Gräben zwischen den Parteien im Rat gibt. Diese Art der Auseinandersetzung ist oft unangemessen.
Bei manchen im Rat spürt man eine regelrechte Feindseligkeit Ihnen gegenüber.
Geisel: Über den Ton, in dem manche Debatte geführt wird, wundere ich mich auch. Ich glaube, das hat viel mit politischer Folklore zu tun. Manchmal sind es dieselben Personen, die im Rat mit Schaum vor dem Mund attackieren und argumentieren, die — wenn man sie nach der Sitzung trifft — wieder ganz ruhig und geradezu liebenswürdig sind; mit einigen Ratsleuten anderer Parteien bin ich durchaus freundschaftlich verbunden. Ja: Es gibt im Stadtrat von Düsseldorf das Dr. Jekyll-und-Mr. Hyde-Phänomen.
Was aber können Sie tun, um das Klima im Rathaus zu entgiften?
Geisel: Ich versuche, für meine Positionen einen möglichst großen Konsens zu erreichen. Nehmen wir die Tour de France, ein Riesenaufreger in der Politik. Da habe ich immer wieder die Hand gereicht und gesagt: Jetzt haben wir das Großereignis, nun lasst es uns gemeinsam zum Wohle der Stadt zum Erfolg machen. Oder die Frontenbildung in der Auseinandersetzung bei der Stadtsparkasse, auch die war völlig unangemessen. Mir liegt viel daran, dass wir insbesondere in den Aufsichtsräten, die nichts mit Parteipolitik zu tun haben sollten, vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Fühlen Sie sich von den Medien öfter ungerecht behandelt?
Geisel: Was soll ich Ihnen sagen, Sie berichten ja selbst oft kritisch. Alles in allem scheint mir nicht bei allen Medien alles immer gut ausrecherchiert zu sein, und es erscheinen auch tendenziöse Beiträge. Aber es gab nur ganz wenige Ereignisse, wo ich wirklich zum Telefonhörer gegriffen und gesagt habe: Das ist unterhalb der Gürtellinie, das geht zu weit. Beispiele nenne ich jetzt nicht. Aber auch das ist Teil des Jobs. Und es ist nicht so, dass ich abends vor Ärger über die Medien nicht einschlafen könnte.
Blicken wir voraus, das neue Jahr steht an: Was ist für die Stadt besonders wichtig?
Geisel: Wir haben 2017 mit der Tour de France oder der Tischtennis-WM echte Großereignisse, die Düsseldorf die Gelegenheit bieten, sich weltweit zu präsentieren. Aber dann sind da die laufenden Aufgaben, die großen Bauprojekte in der wachsenden Stadt, die wir abarbeiten müssen. Aber wir stehen auch vor Weichenstellungen, etwa in der Verkehrspolitik, Stichwort Smart City im Bereich Mobilität, da sollten wir einen großen Schritt nach vorne gehen im nächsten Jahr.
Aber wenn die Kasse leer ist, fällt das Gestalten schwer.
Geisel: Das ist eine Herausforderung, aber man darf nicht vergessen, dass Düsseldorf im Vergleich finanziell noch sehr gut dasteht. Wir haben uns selbst auferlegt, keine Bankkredite aufzunehmen, auch wenn das einige angesichts des Null-Zins-Niveaus nicht verstehen. Aber das sind nun mal die Rahmenbedingungen. Die große Aufgabe ist nun, auch bei sinkender Gewerbesteuer einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu fahren.
Sie sind ein großer Sportfan: Wie sehen Sie die Entwicklung bei Fortuna und der DEG?
Geisel: Ich habe diese Saison mehr Spiele von Fortuna Düsseldorf gesehen, obwohl meine Kinder lieber zum Eishockey gehen. Leider schwächelt die DEG im Moment, das bedauere ich sehr. Bei Fortuna bin ich sehr glücklich mit der Entwicklung, die stehen so da, wie sie es sich vorgenommen und erhofft haben — ganz weit weg von den Abstiegsplätzen mit leichter Tuchfühlung zum Relegationsplatz. Vorstand und Trainer machen sehr gute Arbeit, perspektivisch ist da vielleicht sogar noch etwas mehr drin.