Ur-Düsseldorfer: „Die Stadt will nur Leute mit Geld hier haben“
Die WZ hat mit Ur-Düsseldorfern über Heimat, teure Wohnungen und das Image der Stadt gesprochen.
Düsseldorf. Am Anfang unserer Serie „Düsseldorf — wachsende Stadt“ haben wir gezeigt, wie Zugezogene in Düsseldorf leben. Nun — für den letzten Teil der Serie — haben wir Ur-Düsseldorfer gefragt, wie es ist, wenn die Heimatstadt immer weiter wächst und sich verändert.
Sie sind in Düsseldorf geboren und Leben heute noch hier. Was hält Sie in der Stadt?
Tatsuhiko Harigai: Die Vielfalt. Egal ob kulturell oder sportlich, die Freizeitangebote sind schon toll. Allein ein Fortunaspiel ist immer ein Besuch wert. Gleichzeitig ist die Stadt so kompakt, dass zumindest in der Innenstadt fast alles fußläufig erreichbar ist.
Axel Hübener: Es sind emotionale Gründe. Wenn man ein ganzes Leben in dieser Stadt gelebt hat, bekommt man eine Beziehung zu seiner Heimat. Dann kommen Emotionen hoch, die kann man nicht beschreiben.
Manfred Reinhardt: Ich mache viele Wanderungen rund um die Stadt. Wir haben für eine Großstadt so viele schöne Ecken. Es wird nur zu wenig nach außen dargestellt.
Sollte die Stadt anders werben?
Reinhardt: Immer wird von der „Längsten Theke der Welt“ gesprochen. Schrecklich. Die Leute sollen hier her kommen, um sich zu besaufen. Gibt es nichts anderes, womit wir werben können? Hübener: Wenn sich eine Stadt für Touristen interessant machen will, braucht sie solche Sachen.
Hat sich da denn in den vergangenen Jahren viel geändert?
Hübener: Ja. Mich stört das zwar nicht so, aber der Düsseldorfer geht ja samstags eigentlich weniger auf die Bolkerstraße.
Viele Düsseldorfer beklagen sich, dass immer mehr gebaut wird, der Wohnraum aber kaum noch zu bezahlen ist.
Hübener: Ja, das ist ein Problem. Wir sind die kleinste Großstadt der Welt. Düsseldorf hat zu wenig Fläche. Für die Grundstücke, die da sind, werden horrende Preise verlangt. Der Bau von Sozialwohnungen rechnet sich da nicht. Reinhardt: Wir haben reichlich Wohnungen für Leute die Kohle haben. Familien mit Kindern bleiben da oft auf der Strecke. Harigai: Bei mir in Pempelfort wird jetzt gebaut. Da soll der Quadratmeter nach Fertigstellung kalt mehr als zehn Euro kosten. Das können nicht alle bezahlen. Aber die Düsseldorfer wollen trotzdem hierbleiben.
Nimmt die Stadt zu wenig Rücksicht auf ihre Bürger?
Reinhardt: Ja, die Stadt will nur Leute mit Geld hier haben. Hübener: Am Samstag stand eine Wohnung in der Altstadt in der Zeitung. 120 Quadratmeter für mehr als eine Million — die Wohnung ist heute verkauft. Auch im Breidenbacher Hof waren die Wohnungen schnell weg. Es gibt immer jemanden, der es zahlt. Die Stadt zeigt zwar nach Außen immer Interesse, sozial zu sein. Im Inneren ist das aber möglicherweise anders. Harigai: Das Problem ist ja, dass viel potenzieller Wohnraum zu Büroräumen umgewandelt wurde. In den 80ern hat man zum Beispiel an der Rheinuferpromenade alte Häuser hergerichtet — jetzt sind dort Firmen drin.
Teuer war Düsseldorf immer. War es für Sie nie eine Option, Düsseldorf den Rücken zu kehren?
Harigai: Ich habe da natürlich schon einmal darüber nachgedacht. Auch im Freundeskreis ist das ein Thema. Aber Düsseldorf ist einfach meine Heimatstadt. Reinhardt: Wir wohnen lieber kleiner, Hauptsache in der Stadt. Hübener: Als unsere Kinder noch kleiner waren, haben wir uns tatsächlich einmal Häuser in Kaarst und Neuss angeguckt. Schon in den 70er Jahren waren die Häuser in Düsseldorf schwer zu bezahlen. Warum wir es dann nicht gemacht haben, hatte einen ganz einfachen Grund: Wir hätten ständig unsere Kinder durch die Gegend fahren müssen.
Mit dem Kö-Bogen verändert sich das Bild Düsseldorfs sehr. Gefällt Ihnen dieser Gedanke?
Hübener: Eine Stadt wie Düsseldorf muss nach vorne gucken. Besonders, wenn sie ihren Status als mondäne Stadt sichern will. Als die Rheinpromenade gebaut werden sollte, waren auch sehr viele dagegen. Reinhardt: Ich frage mich mehr, ob wir so viele Geschäfte brauchen. Ich befürchte, entweder stirbt die Kö oder die Schadowstraße.
Reinhardt: Das denke ich nicht. Der Tourismus wächst, Hotels werden gebaut. Das sind knallhart kalkulierende Konzerne. Die würden das nicht machen, wenn es sich nicht rechnen würde.
Harigai: In Amsterdam wiederholt sich alle 600 Meter das Konzept. Alle Geschäfte sind mehrfach vertreten. Und alle überleben.
Merken Sie denn, dass mehr Touristen in der Stadt sind?
Hübener: Ich mache seit 14 Jahren Stadtführungen. Früher habe ich mich riesig gefreut, wenn ich mal eine andere Gruppe getroffen habe. Jetzt warte ich manchmal eine halbe Stunde am Stadterhebungsmonument, weil so viele Gruppen vor uns sind. Düsseldorf hat Anziehungskraft.
Für den Kö-Bogen muss ein Düsseldorfer Wahrzeichen, der Tausendfüßler, weichen. Ist das legitim bei einem solchen Projekt?
Hübener: Er ist nicht mehr zeitgemäß. Aber ich hätte mir eher einen Park auf dem Tausendfüßler gewünscht. Harigai: Optisch gesehen ist er sehr in Mitleidenschaft gezogen. . . Reinhardt: . . .das war eine politische Entscheidung. Man hat absichtlich nichts mehr gemacht.
Die Verkehrsführung in der Innenstadt ändert sich komplett. . .
Harigai: Mit dem Auto tut man sich, auch wenn man sich abseits der Hauptstraßen auskennt, schon schwer. Das liegt auch an den mangelnden Parkmöglichkeiten.