Kirchen in NRW Sankt Ludger in Wuppertal: Eine Kirche ohne Ecken

Die Sommer-Serie der Westdeutschen Zeitung: „Neue Steine des Glaubens“ lädt zur Wiederentdeckung des Baus moderner Kirchen, Synagogen und Moscheen ein, die oft zu Unrecht im Schatten mittelalterlicher Dome stehen — heute mit der Kirche Sankt Ludger im Westen Wuppertals.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Sie passt so gar nicht in das gängige architektonische Schema eines katholischen Gotteshauses. Die Kirche St. Ludger hat mit ihrer geschwungenen Fassade eine sehr ungewöhnliche Form. Doch genau das macht den Reiz des denkmalgeschützten Gebäudes im äußersten Wuppertaler Westen aus. Mit der runden Bauweise wollte Architekt Rudolf Schwarz damals das „faltenreiche Gewand Gottes“ symbolisieren. Dadurch sollte der Gemeinde ein Gefühl der inneren Gemeinschaft vermittelt werden.

Für die katholischen Christen in Vohwinkel ist die Kirche nach wie vor ein wichtiges Stück Heimat mit einer langen Geschichte. Vor 50 Jahren weihte der aus dem Stadtteil stammende und mittlerweile verstorbene Weihbischof Dr. Augustinus Frotz das Gotteshaus mit einer feierlichen Messe. Das Jubiläum wurde Anfang des Jahres mit einem Festgottesdienst gefeiert.

Sankt Ludger in Wuppertal: Eine Kirche ohne Ecken
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Bis heute sind die Gemeindemitglieder stolz auf den außergewöhnlichen Sakralbau. „Dass wir mit Rudolf Schwarz einen so renommierten Architekten gewinnen konnten, war für uns natürlich ein besonderer Glücksfall“, sagt Renate Görlich. Sie engagiert sich seit vielen Jahren in der Gemeinde und hat an der neuen Festschrift für die Kirche mitgearbeitet. Dabei wurde auch die bewegte Historie der Kirche aufgearbeitet. Rudolf Schwarz starb bereits während der Planungsphase. Die Arbeiten wurden aber nach den ursprünglichen Entwürfen von seinem Schüler Siegfried Luckenbach weitergeführt.

Ziel war es, der Gemeinde einen ruhigen Ort der Sammlung zu geben. Das wurde in ungewöhnlich schlichter Weise umgesetzt. Die Kirche ist ein Ringbau, in dem es keine Ecken und abgetrennten Räume gibt. Das fast 16 Meter hohe und weiß getünchte Gebäude hat ein Satteldach. Die Länge beträgt 32 und die Breite 18 Meter. Die Innenwände bestehen aus gebrannten Ziegeln, die Bänke aus hellem Eschenholz und der Fußboden ist aus grauschwarzem sauerländischen Marmor mit weißen Adern gefertigt. In Fachkreisen wird die Kirche wegen ihrer Architektur sehr geschätzt.

Auch die hochwertige Gestaltung der sakralen Gegenstände trägt dazu bei. Das runde, freistehende Weihwasserbecken aus Sandstein mit Edelstahlschale wurde etwa von Professor Karl Schrage, dem damaligen Direktor der Wuppertaler Werkkunstschule entworfen. Der Altar ruht auf einer großen Sandsteintrommel. Der Entwurf stammt von Maria Schwarz, der Witwe des verstorbenen Architekten. Das Kreuz von 1972 an der Apsiswand ist dem romanischen Helmstedter Bronze-Kruzifixus aus dem elften Jahrhundert nachgebildet.

Die Statue des Heiligen Ludger wurde 1998 vom Kölner Bildhauer Matthias Heiermann aus Muschelkalk geschaffen. Der Kreuzweg stammt vom Künstler Hans Lohbeck aus Trier. Die spezielle Schleifladenorgel der Firma Speith aus Rietberg hat eine mechanische Spieltraktur und eine elektrische Registratur. Sechs bleiverglaste, drei mal drei Meter große Fenster sind hoch unter dem Dach eingesetzt. Sie wurden vom Künstler Wilhelm Buschulte aus Unna geschaffen und zeigen unter anderem die Trennung von Spreu und Weizen, die Erweckung des Lazarus, die Begegnung von Thomas mit dem auferstandenen Jesus und den Engel aus der Apokalypse.

Für die aufstrebende Gemeinde entstand 1973 noch ein Pfarrheim neben der Kirche St. Ludger. Hier gab es in den Folgejahren eine vielfältige Nutzung. Entsprechend groß war die Betroffenheit der Gemeindemitglieder, als das Pfarrzentrum 2008 aus finanziellen Gründen abgerissen wurde. Hier wurden Wohnhäuser gebaut. „Der Abbruch hat uns alle sehr mitgenommen“, sagt Martin Hahn, der ebenfalls an der Festschrift mitgearbeitet hat. Seitdem wird die Krypta unter der Kirche für Veranstaltungen und regelmäßige Treffen genutzt. Sie wurde dafür entsprechend umgebaut.