Criminale: Mörderjagd und Gänsehaut
Krimi-Liebhaber trafen sich zur Lesung am Krematorium.
Krefeld. Noch ist es nicht gruselig. Man hört vom Rand des Hauptfriedhofs noch die Männer vom angrenzenden Fußballplatz bei ihrem Spiel und etwas dahinter das Rauschen der Autos auf der Gladbacher Straße. Aber unmerklich löst sich diese Geräuschkulisse auf und die Friedhofsstille wird nur noch vom Gesang einzelner Vögel in den Bäumen unterbrochen.
Konzentration im Publikum, das sich mit Kissen und Decken die Lesung in der Kühle des Abends etwas angenehmer zu machen versucht — aber die Feuchtigkeit, die aus der Wiese am Krematorium heraus steigt, lässt sich kaum ignorieren.
Zur wetterbedingten Gänsehaut kommt das leichte Schauern aufgrund des Schauplatzes hinzu. Die beiden steinernen Löwen werden unter ihren Mäulern rot angestrahlt und bilden einen bedrohlichen Rahmen für den roten Tisch, an dem die beiden Autoren aus ihren Büchern lesen — umrahmt von den dunklen Ziegelsteinen des Krematoriums.
Peter Klusen, hauptberuflich Lehrer aus Viersen, ist gnädig mit dem Publikum, denn seine Kriminalgeschichte „An einem dieser Tage“ spielt am Niederrhein. Es menschelt darin sehr und bei so viel Lokalkolorit gewinnt das Heitere die Oberhand über den irrtümlichen Mord an einem vermeintlichen Katzen-Vergifter.
Alexandra Guggenheim entführt die gut vierzig Zuhörer in eine weiter entfernte Welt: auf die Klosterinsel Rheinau bei Schaffhausen und in das Jahr 1709. Pater Basilius wird dort tot aufgefunden. Bald wird dem Abt klar, dass dieser ermordet wurde. Der aus dem Tessin stammende Freskenmaler Francesco Antonio Giorgioli soll nun im Auftrag des Klostervorstehers „nebenbei“ nach dem Mörder suchen.
Schon bei diesen Schilderungen hört man, wie fundiert und anschaulich die Autorin über Kirchenarchitektur und das Anfertigen von Fresken berichten kann. Es klingt durch, dass sie Kunstgeschichte studiert hat. Die Spannung verstärkt sich.
Zum Lachen gibt es bei ihren vorgetragenen Kapiteln nichts, aber schmunzeln über Menschliches darf man auch hier gelegentlich. Zum Beispiel wenn man dem Maler auf seinem Gang durch Schaffhausen auf der Suche nach einem Model für seine Maria Magdalena folgt.
Einen großen Zeitsprung in die Ereignisse dieser Woche verlangt Klusen den Zuhörern mit seinem „poetischen Schnellschuss“ ab. Er erinnert daran, dass der Mörder immer der Gärtner ist, manchmal auch der Butler oder der Präsident.
Die beiden Krimi-Autoren mag zum Ende der Lesung niemand mehr befragen, aber das liegt allein daran, dass es inzwischen so kalt geworden ist und alle gerne den angezündeten Grablichtern rechts und links des Hauptwegs zum Ausgang folgen.