Ein glattes Kinn auf Türkisch
Hüseyin Önlü bietet in seinem Salon noch eine richtige Nassrasur an. Massage und das Entfernen von Nasenhaaren gehört dazu.
Krefeld. Mit ruhiger Hand führt Hüseyin Önlü die Rasierklinge. Im Hintergrund dudelt ein Radio, es läuft mit Funkhaus Europa ein Sender, der häufig auch türkische Musik spielt. Über allem wacht Mustafa Kemal Atatürk. Im hinteren Teil des kleinen Frisörsalons an der Lindenstraße hängt neben einer türkischen und einer deutsche Flagge ein Relief mit dem Konterfei des türkischen Staatsgründers.
"Wer hier einmal eine richtige Rasur erlebt hat, möchte dieses Gefühl nicht mehr missen", ist ein Kunde des Lobes voll. Doch was macht eine richtige Rasur aus? Der 52-jährige Frisörmeister Hüseyin Önlü erklärt: "Zuerst wird der Bart mit heißem Wasser und viel Schaum weich gemacht." Und das geschieht durch eine entspannende Gesichtsmassage.
Dann greift Ölnü zum Rasiermesser und sorgt für glatte Haut. Danach wird, abermals mit heißem Wasser, das Gesicht abgewaschen und mit einem Phosphatstein werden eventuelle Blutungen gestoppt. Danach folgen noch die Pflegeprodukte: Rasierwasser, Creme und schließlich Puder.
Der Viersener Önlü, der seit 17Jahren in Krefeld arbeitet und vor sechs Jahren den Salon in der Lindenstraße übernahm, lässt sich viel Zeit für die einzelnen Schritte und es ist erkennbar, dass er sein Metier mehr als gut beherrscht.
Gelernt hat Ölnü bei seinem Vater, von dem er auch die Frisörutensilien aus dem Jahr 1945 geerbt hat, die im Schaufenster des Ladens ausgestellt sind. Sein Material bezieht der Meister natürlich aus der Türkei. Rasierseife, Creme, Puder, Blutstopper (kleine Phosphathölzer), alles ist original türkisch.
Für die kleinen Haare im und am Ohr hat Hüseyin Önlü dann noch eine besonders raffinierte, die türkische Methode eben parat. Ein mit Watte umwickelter Eisenstab wird mit Spiritus getränkt und angezündet. "Sehen sie, die Flamme ist jetzt noch etwas zu groß", stellt er mit seinem fachmännischen Blick fest.
Kein Problem, Önlü verkleinert die Flamme kurzerhand indem er den Stab ein paar mal gezielt auf das Waschbecken schlägt. Dann hält er den brennenden Stab an seine Handinnenfläche und bemerkt: "So, die Temperatur ist jetzt gut."
Sogleich führt Önlü die Flamme mit schnellen Bewegungen über das Ohr. "Und, war nicht schlimm, oder?" Nein, das war es nicht. Eher ein angenehmes warmes Gefühl. Jetzt noch das letzte Tüpfelchen auf dem "i": Mit ein paar Tropfen Rasierwasser wird das Ohr noch erfrischt. Dann hat Künstler Önlü sein Werk vollbracht.