Ein Kilo Butter für fünf Billionen - Notgeld im Stadtarchiv
Eine Sammlung im Stadtarchiv zeigt Krefelder Notgeld aus krisenreichen Zeiten.
Krefeld. Millionen, Milliarden, Billionen — das Stadtarchiv badet förmlich in Geld. Das Vermögen ist zwar beeindruckend, aber leider nichts wert. „Vuel Papier on wenig Jäld“ steht auf einem der Scheine, die zu der stattlichen Sammlung des Krefelder Stadtarchivs gehören.
Das „Notgeld“ der „Stadt Crefeld“ besteht aus Scheinen mit einem Betrag von 25 Pfennig über eine Million Mark bis zu 200 Billionen. Es ist „eine dichte Sammlung“, sagt der Leiter des Stadtarchivs, Olaf Richter, „lückenlos über Monate und Jahre“.
„Der 1. Weltkrieg musste finanziert werden“, erklärt er den Wertverfall. Die zwischen 1914 und 1918 in Umlauf gebrachte Geldmenge verfünffachte sich und verlor schnell ihren Wert. 154 Milliarden Mark Kriegsschulden hatten sich 1918 aufgetürmt.
Dem Staat kam die Inflation gelegen, so wurde das Geld billiger und die Schulden bezahlbar. Bis 1923 schrumpfte die Mark auf einen Wert von 15 Pfennig zusammen. „Der 1. Weltkrieg war der billigste Krieg der Geschichte“, weiß Olaf Richter.
Die Inflationswährung spiegelt auch ein Stück Krefelder Geschichte wider. Nicht nur offizielle Stellen hatten die Lizenz zum Gelddrucken. Kommunen, Kreditinstitute und Arbeitgeber warfen ebenfalls die Gelddruckpressen an. Vermutlich gab es über 200 verschiedene Geldscheine.
Firmen in Uerdingen oder die Krefelder Stadtwerke zahlten ihre Löhne mit selbstgedrucktem Geld. Schöne Motive, zum Teil entworfen von namhaften Künstlern wie dem Düsseldorfer Richard Schwarzkopf, ranken sich um die bunten Papierscheine:
Das Krefelder Rathaus und Burg Linn, das Stadtwappen und der Rheinhafen, der charakteristische Stadtgrundriss oder Webstühle — die vielfältigen Serienscheine lassen Sammlerherzen heute höher schlagen.
„Neben Papier wurde Geld auch auf Porzellan, Leder oder harter Pappe geprägt“, berichtet Olaf Richter. „Fischeln druckte beispielsweise auf Sparkassenformularen, kleinere Gemeinden auf Formularen aus Scheckheften.
Der erste Krefelder Notgeldschein kam mit 50 Pfennig in Umlauf, schnell wurden daraus 20 Mark gemacht und zum Schluss überdruckte man ihn mit roter Farbe und hatte einen Zehn-Millionen-Schein.“
Im Stadtarchiv können Interessierte auch eine komplette Typensammlung Notmünzen von 1917 bis 1919 besichtigen, geprägt aus dem billigen Kriegsersatzmaterial Zink und Eisen. Das machte die Münzen anfällig für Korrosion und Oxidation, sie sind stark verwittert und scheinen viel älter.
Und was konnte man sich für das Notgeld kaufen? „Ende 1923 kostete ein Kilo Butter 44 Milliarden Mark und vier Wochen darauf schon fünf Billionen“, erklärt der Leiter des Stadtarchivs und erinnert: „Eine Billion hat zwölf Nullen.“
Die Währungsreform setzte am 21. November 1929 dem Spuk ein Ende. Die zwölf Nullen wurden gestrichen. Bis 1924 konnte das Notgeld gegen Reichsmark getauscht werden.