Eine Muslima entwirft die Krefelder Weihnachtstasse
Tülay Cubukcuoglu studiert Design. Sie trägt Kopftuch und spricht Deutsch mit Niederrhein-Akzent.
Krefeld. Wir treffen sie an ihrem 25. Geburtstag in der Mensa der Hochschule Niederrhein am Frankenring. Tülay Cubukcuoglu studiert hier im dritten Semester Produkt-Design. Die gläubige Muslima hat den Wettbewerb um die formschönste und originellste Weihnachtstasse gewonnen, an dem 15 Studenten teilgenommen haben (siehe auch WZ-Newsline-Umfrage).
Was aber hat eine Muslima mit dem christlichen Weihnachtsfest zu tun? „Ich bin hier geboren und aufgewachsen“, sagt Tülay, was übersetzt „Schleiermond“ heißt. „Wir Moslems feiern nicht Weihnachten, wir genießen diese Tage aber als Fest der Ruhe und der Besinnung. Ich habe auch für meine vier Geschwister kleine Geschenke.“
Und vor allem besucht sie gerne Weihnachtsmärkte in der Region und darüber hinaus. „Ich liebe diese dunkle Stimmung, die Lichter, den Duft, die Atmosphäre.“ Mit ihrer Weihnachtstasse hat sie an abendländische Tradition angeknüpft. „Die runde Form soll an die glitzernden Kugeln am Weihnachtsbaum erinnert werden. Dazu kommen die passenden Sternchen rund um den Henkel der Tasse.“ Sie findet, ihr Design trage deutliche Akzente des christlichen Festes, wie es hierzulande gefeiert werde.
Seit einem Jahr hat Tülay Cubukcuoglu einen deutschen Pass. Ebenso ihr Mann Ferit, den sie im September geheiratet hat. Ferit studiert Informatik. Sie würde hier an der Hochschule nicht weiter auffallen, aber: Sie trägt, wie zwei weitere Kommilitoninnen in ihrem Fachbereich, Kopftuch. „Ich trage das aus Überzeugung“, sagt die junge Frau mit den lebhaften Augen. „Der Glaube zwingt uns das nicht auf. Ich habe auch überhaupt kein Problem mit gleichgläubigen Frauen, die kein Kopftuch tragen.“ Schräge Blicke gebe es schon bei verschiedenen Gelegenheiten, aber Diskriminierung, auch hier an der Hochschule nicht, schüttelt sie den Kopf.
Deutschland sei ihre Heimat, wenngleich ihre Wurzeln über ihre Eltern im zentralanatolischen Sivas liegen. Sie spricht deutsch mit niederrheinischer Färbung. Türkisch sei ihr nicht fremd, aber die Sprachfähigkeit ordnet sie nur bei „gut“ ein. Vier- oder fünfmal sei sie bisher in der Heimat ihrer Eltern gewesen. Ihr Vater, gelernter Maler und Lackierer, kam vor 30 Jahren als 18 Jahre alter Mann hierher, ihre Mutter vor 40 Jahren als Fünfjährige.
Tülay hört in der knappen Freizeit gerne Musik. „Quer durch die Landschaft, Favoriten gibt‘s bei mir nicht“, meint sie lachend. Mit ihrem Ehemann Ferit spricht sie zu Hause auf der Lewerentzstraße überwiegend Deutsch. „Aber da rutschen manchmal auch türkische Passagen ‘rein“, sagt Tüley. Sie besucht regelmäßig die Moschee, betet („wenn es möglich ist“) fünfmal während des Tages.
In ihrem Freundeskreis finden sich mehr Deutsche als Türken. „Aber ich weiß, dass es auch die Schattengesellschaften gibt, in der sich die verschiedenen zugewanderten Nationalitäten abkapseln und damit isolieren.“