Ergotherapie mit Hund: Ein Therapeut auf vier Pfoten

Verena Obermann arbeitet in ihrem Beruf mit der Magyar-Vizsla-Hündin Rosa.

Krefeld. Heilen kann sie nicht. Sie kann aber dabei helfen, Fähigkeiten zu erhalten oder wiederherzustellen. Mit ihrem wuscheligen Fell und dem treuen Blick motiviert Rosa Patienten, über ihren Schatten zu springen und die eigenen Einschränkungen wenigstens vorübergehend zu vergessen.

Die fast vierjährige Magyar-Vizsla-Hündin unterstützt ihre Besitzerin Verena Obermann als ergotherapeutischer Therapiehund. „Es ist toll zu sehen, was ein Hund bei Menschen auslösen kann“, erzählt die 33-Jährige. „Es gab besipielsweise eine demenzkranke Patientin, die ihre Hand seit zwei Jahren nicht bewegt hatte. Beim Anblick des Hundes steckte sie die Hand unwillkürlich in die Leckerli-Tüte, um ihn zu füttern.“

Obermann ist seit 2001 staatlich anerkannte Ergotherapeutin. Ihr war schnell klar, dass sie Hunde mit in die Therapie einbeziehen will. „Hunde habe ich immer schon geliebt. Auf diese Weise kann ich mit Menschen und Hunden zusammenarbeiten — ein Traumberuf für mich“, sagt Obermann. Mit Hunden erreiche man in der Therapie oft mehr als ohne.

Die Ausbildung mit Rosa absolvierte sie 2010. „Es ist schwer, die richtige Stelle dafür zu finden, da es es in Deutschland weder Standards noch Regeln für die Ausbildung gibt. Die tiergestützte Ausbildung ist nicht staatlich anerkannt.“ Obermann entschied sich für eine Hundeschule im Sauerland, da die Ausbilderin ebenfalls Ergotherapeutin ist und auf eine langjährige Erfahrung zurückblicken kann.

In der Ausbildung werden zuerst das Wesen des Tieres und die Reaktion auf Stress und Lärm getestet. Unter Umständen kann es sich als ungeeignet herausstellen. Es gibt Theorie- und Praxisanteile. So lernen die Vierbeiner, spielerisch mit Patienten umzugehen und so zu helfen.

Im August 2011 setzte Obermann Rosa erstmals in einem Altenheim ein. Sie arbeitet als freie Mitarbeiterin in einem Pflegewohnstift in Köln, wo sie anfangs vor allem Gruppenbehandlungen durchführte.

„Wir kamen in die Runde von älteren, verwirrten Menschen, von denen viele seit langem nicht mehr gesprochen hatten. Durch den Kontakt zu Rosa lockerten viele auf und man sah die Menschen lächeln.“ Ein großer Erfolg ist es auch, wenn die Heimbewohner untereinander Gespräche anfangen, sich zum Beispiel über ihre Erfahrungen mit Tieren austauschen.

Hunde, die vor allem in Heimen eingesetzt werden, um Menschen Gesellschaft zu leisten, nennt man Besuchshunde. Therapiehunde hingegen werden gezielt für Übungen eingesetzt. Ihre Besitzer müssen einen therapeutischen oder pädagogischen Beruf erlernt haben. Rosa ist in beiden Bereichen ausgebildet. Sie ist beispielsweise in der Lage, mit Patienten mit dem Aufmerksamkeits-Defizits-Syndrom, Schlaganfallpatienten, Autisten oder Spastikern zu arbeiten.

Auch die Behandlung von Komapatienten und Schwerbehinderten ist vorstellbar. Dabei ist die Therapieart immer unterschiedlich, je nach Zielrichtung. „Spastiker werden oft ganz nah am Hund gelagert, um die Körperwärme zu spüren und ruhiger zu werden. Das geht nur, wenn sie nicht gegen Hunde allergisch sind und keine Angst haben.“

Vor kurzem eröffnete Obermann eine Praxis an der Zwingenbergstraße, in der sie vor allem mit Kindern arbeiten möchte. Hausbesuche wird sie dennoch weiter durchführen. Sie therapiert in den Bereichen Neurologie, Pädiatrie und Geriatrie. Selbstverständlich arbeitet sie auch ohne Hund. „Das wäre sonst auch viel zu anstrengend für Rosa. Auch wenn das aussieht wie Spiel, ist das wahnsinnig anstrengend für sie. Mehr als ein paar Stunden pro Woche sind nicht drin“, so Verena Obermann. Das Wohl des Tieres sei das Entscheidende.