Krefeld Für die Musik arbeitete er im Asia-Imbiss

Munsang Hwang leitet einige Krefelder Chöre. Fürs Studium kam der Koreaner nach Deutschland — und musste manche Hürde nehmen.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Im Asia-Imbiss briet er Fleisch, Gemüse und Nudeln, beim Italiener lernte der Koreaner Pizzabacken, er reparierte Computer und ersetzte wie am Fließband mangelhaft produzierte Teile in VWs. „Ich habe gemacht, was ich kann“, sagt Munsang Hwang über seine ersten Jahre in Deutschland. Einziger Nebenjob des Vollblutmusikers, der wenigstens ein bisschen mit seiner Leidenschaft zu tun hatte: Er spielte Klavier für Gefangene.

Eigentlich war der aus Seoul stammende 34-Jährige — „in Korea rechnet man die Schwangerschaft mit, also bin ich eigentlich 35“ — im Jahr 2002 zum Musikstudium nach Deutschland gekommen. Gemeinsam mit seiner Frau Minjeong Chae (34) als Sängerin hatte der Pianist in einem Jazzcafé in Seoul die Gäste unterhalten und sich damit nach und nach den Flug verdient.

Deutschland als Studienort sollte es sein, weil es „die Heimat vieler berühmter Musiker der Klassik war“, sagt Hwang, dessen Lieblingskomponisten „ohne Zweifel Beethoven, Mahler, Bach, Vivaldi, Händel und Mozart sind“.

Bis er jedoch in Krefeld Fuß fassen und sogar von der Musik leben können würde, sollte allerdings noch einige Zeit vergehen. Nach einem Jahr Sprachschule in Essen begann Hwang, in Hamburg Komposition zu studieren. Weitere Stationen waren unter anderen die kirchliche Musikhochschule Bayreuth, die der Koreaner allerdings wieder verlassen musste, weil er in der Stadt keine Aufenthaltsgenehmigung erhielt, und Heidelberg, wo er dann weiter Kirchenmusik studierte.

Da er keinerlei finanzielle Unterstützung von seinen Eltern erhielt, schlug er sich mit zahlreichen Jobs durch. Auch seine Frau, die zunächst für Germanistik eingeschrieben war und mittlerweile Theologie in Bochum studiert und Pastorin werden will, machte damals alles vom Putzen und Kellnern über die Arbeit als Aushilfe bei einer Kinderärztin bis hin zur Übersetzerin bei Messen. Als der erste Sohn des Paares zur Welt kam, wurde es für die Familie finanziell zu turbulent. „Deswegen habe ich bisher nicht zu Ende studiert“, sagt Hwang, „aber das möchte ich irgendwann noch mal.“

Unterbrochen vom Militärdienst in Korea, geriet die Familie in Deutschland in Nöte, lebte am Existenzminium. Hwang sagt nur: „Es war die Hölle.“ Doch eine Stellenanzeige aus Krefeld, die er im Internet fand, sollte für einen ersten Schritt in eine bessere Zeit sorgen. Die koreanische Gemeinde in Krefeld, die der Friedenskirche angegliedert ist, suchte einen Chorleiter. Hwang bekam den Posten. Und im Juni 2014 übernahm das Multitalent die Leitung des Pauluschores der evangelischen Pauluskirchengemeinde am Inrath, Einen Monat später folgte eine Festanstellung als Kantor in Teilzeit in der Krefelder Mennonitengemeinde, und in der Friedenskirche ist er als Küster angestellt.

„Dass ich mit meiner Familie von der Musik leben kann, ist sehr schön für uns“, sagt der mittlerweile dreifache Vater. Er freut sich auch, dass seine Eltern, die diese Hoffnung nicht geteilt hatten, ihren Frieden damit gemacht haben.

In Krefeld fühlen sich Hwang und seine Familie wohl. „Wir haben hier nur nette Menschen kennengelernt“, sagt der Koreaner, der nicht mehr in sein Heimatland zurückgehen möchte. „Ich will in Deutschland leben und auch hier sterben. Ob es immer Krefeld sein wird, weiß ich nicht. Ich bin ein Mensch, der immer etwas Neues erfahren will.“ Deshalb hat er, der musikalisch eigentlich Klassik, Barock und Moderne liebt, nun auch — für ihn selbst ein bisschen überraschend — in einer sich gerade formierenden Jazzband begonnen, den E-Bass zu spielen. Sein größter Traum ist allerdings: „Irgendwann Musik zu komponieren.“