Krefeld Geschwister treten mit 3000 Sängern auf
Gänsehaut erwarten die Krefelder Ulrich und Christine Schemann, wenn sie im kommenden Monat beim „Luther“-Musical in der Dortmunder Westfalenhalle mitwirken.
Krefeld. Wenn der Hausmeister der Krefelder Musikschule in diesen Tagen durch die Flure, Säle und Unterrichtsräume geht und seine Aufgaben erledigt, dann werden ihn Lehrer und Schüler immer mal wieder summen oder leise vor sich hin singen hören. Denn Ulrich Schemann hat noch ein strammes Programm vor sich. Nur noch ein Monat Zeit bleibt ihm, dann müssen 20 Lieder sitzen. Am 31. Oktober wird der 34-Jährige mit seiner Schwester Christine (37) in der Dortmunder Westfalenhalle auftreten. Mit seiner Schwester und fast 3000 weiteren Sängern.
Ulrich Schemann, Chorsänger
Das Pop-Oratorium „Luther“ wird dort aufgeführt. 10 000 Zuschauer werden erwartet. Und die Geschwister Schemann werden mittendrin sein. Die beiden erwarten ein Gänsehaut-Gefühl. Das ließ sich schon im April erahnen, als das Projekt allen Sängern in der riesigen Halle vorgestellt wurde. Zwei Drittel der Lieder wurden dabei schon einmal probeweise durchgesungen. „Das war wirklich Gänsehaut pur“, sagt Christine Schemann. „Die Frauenstimmen schwappten wie eine Welle über die 800 Männer“, erinnert sich Ulrich Schemann begeistert an diesen Tag.
Seitdem proben die Geschwister, die Mitglieder des Krefelder Gospelchors Living Voices sind — sie seit 20 Jahren, er seit 18 Jahren — Lieder wie „Wer ist Martin Luther“, „Am Anfang war das Wort“, „Weg mit dem Mönch“ oder „Luthers Hammerschläge“. Von den rund 70 Sängern der Living Voices machen 20 bei dem Musical mit, plus deren Brüder, Töchter, Schwägerinnen oder Nachbarn. „Da sind auch ganz viele dabei, die gar nichts mit Religion zu tun haben“, sagt Christine Schemann, selbst Katholikin, die — wie ihr Bruder — ihre musikalischen Wurzeln im Jugendchor von St. Elisabeth am Viktoriaplatz hat.
Die „Luther“-Melodien zwischen Rock, Pop, Jazz und Gospel finden die Sopranistin und der Tenor, die in Hüls geboren, in Cracau aufgewachsen sind und jetzt in Bockum wohnen, „super-einfach zu singen“. Es stört nicht, dass sie beide keine Noten lesen können und aus ihrem Chor gewöhnt sind, mit Textzetteln nach Gehör zu proben und dann mit Mitschnitten zu üben.
Absolut textsicher müssen die 3000 Sänger für die kommende Aufführung der Choräle und musikalischen Gebete nicht sein. „Das Notenbuch dürfen wir mitnehmen, es soll Teil des ganzen sein“, erzählt die Stadtmitarbeiterin, die im Krefelder Einwohnermeldeamt beschäftigt ist und als Standesbeamtin Trauungen in Uerdingen übernimmt. Wie das aussieht, wissen beide noch nicht. „Wir lassen uns überraschen“, sagt sie mit Blick auf die Generalprobe einen Tag vor den zwei großen Auftritten, „ es wird ungewohnt sein, beim Singen etwas in Händen zu haben.“
Sie werde bestimmt Lampenfieber haben, glaubt die 37-Jährige. Andererseits sei man „im Chor eingebettet“. Also werde sie aufgeregt, aber nicht angespannt sein oder sogar vorher nicht schlafen können. Ihr Bruder glaubt nicht, dass es er allzu nervös sein wird. „Man steht ja nicht alleine irgendwo vorne“, sagt der stellvertretende Einheitsführer der Freiwilligen Feuerwehr Oppum und Leiter der Jugendfeuerwehr Südost. „Und einen falschen Ton hört in dieser Menge keiner“, sagt er. Beide finden beim Singen einfach wichtig, das hätten sie bei ihrem Chorleiter der Living Voices, David Thomas, gelernt, „die Botschaft beim Singen“ und „dass man mit dem Herzen dabei ist“.