Kabarett in der Kufa: Matthias Reuter sieht alles
Der Kabarettist und Gewinner der „Krefelder Krähe“ stellt sein neues Programm vor.
Eine große Berufswahl hatte Matthias Reuter nicht. Denn, so behauptet er, wenn man Geisteswissenschaften nicht auf Lehramt studiert hat, kann man nur entweder Taxifahrer oder Kleinkünstler werden. Da er nun mal nicht so gut Auto fährt, blieb ihm also nur Letzteres. Hinzukommt, dass er auch ganz gut Klavier spielen und Glossen verfassen kann. Von seiner offensichtlich richtigen Berufswahl konnte sich das Publikum in der ausverkauften Kulturfabrik überzeugen.
Mit seinem neuen Bühnenprogramm „Auf Schwarz sieht man alles“ zeigt er, was er mit eigenen Liedern und Texten kann. Auch Einiges aus seinem Buch „Schrecken des Alltags“ bringt er auf die Bühne. Und obwohl der 35-jährige Oberhausener viel in seinem Programm liest, macht er das so gut und lebendig, dass man trotzdem das Gefühl von Spontanität nicht verliert.
Ganz selbstverständlich baut er noch schnell ein kurzes, eigenes Klaviersolo ein, das man sich als Besucher noch einmal auf der CD anhören könne, damit der Abend auch spontane Momente hat.
Was den Krefelder vom Oberhausener unterscheidet, ist die Antwort auf die Frage: Wie isset? Während das Publikum sofort: „jut!“, antwortet, hätte man im Kohlenpott „muss“ erwidert. Keinen Unterschied machen hier wie dort die Menschen, wenn man ihnen beispielsweise Baustellen auf die Straße baut oder Verkehrsführungen verlegt und Ähnliches.
Hier wie dort lautet die Frage: Wat in aller Welt, haben die sich denn da überlegt!? Je nach Misslichkeit der gegebenen Situation kann das auch schon mal verstärkend gesagt werden: Wat in aller Welt, haben die sich denn da wieder für ne Sch . . . überlegt?
Vorausgesetzt wird dabei immer, dass ein Denk- oder Planvorgang ohne Absicht dahinter steckt. Reuter stellt sich dabei immer drei Personen vor — wobei der Dritte ein Japaner ist — die sich irgendetwas Komisches, aber völlig Sinnloses ausdenken. Der Japaner unterschreibt das jeweils. Auf diese Weise kann er viele Dinge besser nachvollziehen und sie dadurch mit Humor sehen.
Humor, aber auch Anteilnahme beweist Reuter auf seinen Fahrten durchs Land. Ihm sei aufgefallen, dass häufig einzelne einsame Socken auf Parkplätzen oder an Geldautomaten herumliegen. Die Frage, wie nun ein einzelner, von ihm sogenannter „Sock“ da nun hinkommt, hat ihn lange beschäftigt. Zu einem befriedigenden Schluss ist er dennoch nicht gekommen. Daher hat er nun stets eine Auswahl Socken dabei und legt eine passende dazu. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sie nach kurzer Zeit verschwinden.
Seinem durchaus kurzweiligen und intelligenten Programm fehlen doch an einigen Stellen spontane Momente ohne Buch. Potenzial ist bei Matthias Reuter definitiv vorhanden, doch eine Steigerung beim nächsten Programm wäre wünschenswert. Und obwohl er singt, dass es überall an Nachwuchs fehle, besonders in der Politik, braucht man sich im Kabarett um selbigen jedenfalls nicht zu sorgen.