Kinderarmut — jeder Cent zählt

In Krefeld leben 22,5 Prozent der Kinder unter 15 Jahren in Hartz-IV-Haushalten.

Foto: dpa

Krefeld. Keine Stifte, kein Abendessen und im Winter kalte Füße — fast ein Fünftel (18,9 Prozent) aller Kinder in Deutschland sind nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung von Armut bedroht. In absoluten Zahlen leben die meisten einkommensarmen Kinder (186 000), also 22,7 Prozent, in der Region Düsseldorf. Dazu gehören auch Krefelder Kinder.

Hannelore Heume beobachtet die Situation seit 2005 als Sprecherin der Diakonie: „Wir haben keine konkreten Zahlen, aber wir sehen, dass es in Krefeld einen Anstieg armutsgefährdeter Kinder gibt.“ In den verschiedenen Beratungsstellen gebe es immer mehr Fälle, in denen auch Kinder betroffen seien.

Konkrete Zahlen liefert eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit: In Krefeld leben 22,5 Prozent der Kinder unter 15 Jahren in Familien, die Hartz IV beziehen. Die Quote stagniert. Unverändert hoch ist der Anteil der Alleinerziehenden, die Leistungen erhalten. „Knapp 50 Prozent dieser Haushalte sind auf Transferleistungen angewiesen“, so Stadtsprecherin Angelika Peters.

Nach wissenschaftlicher Definition gelten Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Netto-Einkommens zur Verfügung haben, als armutsgefährdet. Für eine Familie mit einem Kind unter 14 Jahren liegt die Armutsschwelle derzeit bei 1564 Euro im Monat.

Das wirksamste Mittel gegen Kinderarmut ist laut Peters der Ausbau der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege, Ganztagsschulen und Ferienganztagsbetreuungen. So könnten Eltern arbeiten gehen und die Kinder früh umfassend gefördert werden.

„In den Jugendeinrichtungen werden insbesondere benachteiligte Kinder betreut, gefördert und gebildet. Hier erhalten die Kinder und Jugendlichen Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags, bei Schulproblemen und bei der Berufsfindung“, erklärt Angelika Peters.

Die Diakonie setzt auf schnelle „Hilfe zur Selbsthilfe“. 2007 wurde der Kinderfonds gegründet, der mit Spendengeldern schnelle materielle Hilfe garantieren soll. „Unsere Mitarbeiter besuchen die Familien zu Hause. Da bekommt man schon viel mit. Manche Kinder haben keine Turnschuhe und trauen sich auch in der Schule nicht, das zu sagen“, berichtet Hannelore Heume. Wenn Mitarbeiter Notfälle bemerken, können sie mit Schulutensilien, Schuhen oder einem warmen Abendessen aushelfen. „Das sind immer individuelle Fälle. Manchmal gibt es auch Notsituationen, zum Beispiel bei einer alleinerziehenden Mutter mit sieben Kindern“, erklärt Heume.

Zur wirksamen Bekämpfung der Kinderarmut appelliert sie an die Gesellschaft: „Kinder brauchen ein geschütztes Umfeld, in dem sie aufwachsen und gefördert werden. Um kindgerechte Rahmenbedingungen zu schaffen, stehen wir alle — auch Schulen, Staat, Kirche und Unternehmen — in der Verantwortung.“