Klinkenputzen für die Leseförderung
Was 2014 mit den Grundschulen wunderbar klappte, läuft 2015 an den weiterführenden schwerfällig an: Die Projekte der Lesetreppe.
Krefeld. Beim letzten Mal war die Einladung kaum verschickt, da gab es schon die ersten Zusagen. Wenn Petra Düro-Förster, Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugendbibliothek der Mediothek, von der Lesertreppe 2014 erzählt, dann gerät sie ins Schwärmen. Zu den Veranstaltungen im Rahmen dieses Projekts zur Leseförderung von Heranwachsenden kamen mehr als 2200 Grundschüler. 47 Klassen ließen sich durchs Haus am Theaterplatz führen. Noch immer laufend beispielsweise zwei Leseclubs, die während dieser Zeit angestoßen wurden.
In diesem Jahr soll das Augenmerk nun auf den Klassen fünf bis acht liegen. Und das stellt sich als problematischer heraus als gedacht. „Wenn es nicht richtig anläuft, dann müssen wir uns überlegen, ob wir uns nicht doch wieder den Grundschulen zuwenden“, sagt Düro-Förster, „im Moment ist die Reaktion der Lehrer an den weiterführenden Schulen wirklich anders als im vergangenen Jahr.“
Das Problem der Lehrer an den weiterführenden Schulen: Sie sind stark eingebunden in die strikten Stundenpläne. Hinzu kommt das Problem der 11- bis 14-Jährigen, die man in diesem Jahr mit dem Projekt erreichen will: Sie haben nachmittags kaum Freizeit.
Oft wird die freiberufliche Bibliothekspädagogin Katja Wiefel, die im vergangenen Jahr für oder mit den Grundschülern gelesen, mit ihnen Geschichten geschrieben, Bücher gebastelt oder Theater gespielt hat, allerdings schon im Schulsekretariat abgewimmelt. Sie glaubt trotzdem, „dass es ein tolles Projekt wird“. Es sei halt nur „mehr Klinkenputzen nötig“. Sie hofft zum Beispiel, die Schüler im offenen Ganztag „abholen zu können“.
Abholen heißt in ihrem Fall, die Mädchen und Jungen an die Mediothek und damit ans Lesen heranführen oder auch andersherum. „Für viele Kinder ist das der Erstkontakt“, weiß sie zu berichten. Mediotheks-Leiter Helmut Schroers formuliert es so: „Wir stehen für eine Kultur, die es in vielen Familien nicht gibt.“ Das fange schon mit dem Vorlesen an. „Wenn die Kinder nie die Faszination für Literatur, Musik oder Theater erleben, ist sie für sie für immer verloren. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.“
Und gleichzeitig kämpft er mit Projekten, die den Nachwuchs fürs Lesen begeistern, auch ums Überleben seiner Einrichtung. „Es gibt deutschlandweit eine sehr spürbare Veränderung: Das Geschäft der Bibliotheken als Ausleihort stagniert, egal ob es um Bücher oder andere Medien geht.“ Hier gebe es viel Konkurrenz durch das Internet.
„Aber die Bibliothek als Aufenthaltsort wird immer wichtiger. Deshalb versuchen wir, die Menschen, die den Weg zu uns sonst nicht finden, zu uns zu holen“, sagt Schroers und ist froh über 250 000 Euro, mit der die Kulturstiftung der Stadtsparkasse Krefeld für eine Laufzeit von fünf Jahren die „Lesetreppe“ unterstützt. Ohne dieses seit 2012 fließende Geld „wären solche Experimente nicht denkbar“.