Kalligraphie Künstlerische Grüße aus Uerdingen

Klaus Viehmann aus dem Bürgerbüro des Chemieparks beglückt mit seinen Collagen Pensionäre und verwendet Gartendreck für seine Gemälde.

Krefeld. Viel braucht Klaus Viehmann nicht, um ganze Biografien in bunten, humoristischen Zeichnungen zu verarbeiten. „Ich bekomme ein Passbild und ein paar Stichpunkte.“ Dann lässt der 55-Jährige seiner Fantasie freien Lauf. Zeichnet Collagen auf das weiße Papier, die ganze Lebenswege erzählen und trotzdem locker und leicht daherkommen.

Meist sind es Auftragsarbeiten, die er aus dem Dunstkreis seines Arbeitgebers bekommt. Klaus Viehmann ist hauptberuflich im Chempunkt am Marktplatz in Uerdingen tätig. Hier kümmert er sich um die Kommunikation zwischen Bürger und Chemiepark.

Mit Farbe und feiner Linienführung fertigt der 55-Jährige nebenberuflich Geschenke für Mitarbeiter, die in Pension gehen oder die es aus anderen Gründen woanders hinzieht. Bei einer Collage für einen früheren Mitarbeiter zeigt er neben den verschiedenen Stationen seines Arbeitsleben, die Leidenschaft für einen gepflegte Partie Fußball und für Pferderennen.

Außerdem kommen auch immer wieder Geschäftskunden des Chemieparks in den Genuss von Viehmanns liebevollen, aber auch frechen Collagen. Eine Frau, die in Hamburg ein Haus an einer exponierten Stelle an der Elbe besitzt, stellt er als eine Art Gräfin auf ihrem Anwesen dar. Drüber hinaus lebt Viehmann seine Kreativität in der Kunst der Kalligraphie aus. So setzt er in graziler und geschwungener Schrift Urkunden bei Grundsteinlegen von Pfarrheimen auf oder schreibt das Goldene Buch der Gemeinde Kerken mit Feder und Tinte fort.

Seine Fertigkeiten sind bei solchen oder ähnlichen Anlässen gefragter denn je. „Es gibt zwar 1000 Schriften auf dem Computer, aber persönlich ist das nicht“, sagt der 55-Jährige. Es gebe nur noch wenige, die das Handwerk der Kalligraphie beherrschen. „Es ist ein aussterbendes Fach.“

Sein Auge für kunstvoll gesetzte Buchstaben verhalf ihm schon durch seine Zeit bei der Bundeswehr, die eigentlich „nicht richtig zu mir passte.“ Schon innerhalb der ersten zwei Wochen seines Wehrdienstes musste er als Strafe ein Kampflied abschreiben. Das tat Viehmann natürlich in Schönschrift und beeindruckte schon dort seine Vorgesetzten. „Meine normale Bundeswehrzeit war da vorbei, ich habe dann nur noch Urkunden geschrieben.“

Bei Bayer machte er eine Ausbildung zum Technischen Zeichner und wurde auch dort von seinem Chef dazu angehalten, sein kreatives Talent einzusetzen. Seit den 80er-Jahren war Viehmann für die Grafikabteilung des Unternehmens tätig, bevor in die Unternehmenskommunikation wechselte.

Seit zwei Jahren kümmert er sich im Pilotprojekt Chempunkt am Uerdinger Marktplatz um den Austausch zwischen Chemiepark und Bürger. „Ich habe es einfach gerne, wenn Leute reinkommen und Fragen stellen.“

Viehmann hilft außerdem bei der Organisation von Veranstaltung, wie der Chefarztsprechstunde, erklärt Kindergartengruppen, welche im Chemiepark verarbeiteten Stoffe in Legosteinen stecken oder sorgt dafür, dass von Demenzkranken hergestellte Kunst im Bürgerbüro von Currenta ausgestellt wird.

Zur ständigen Einrichtung seines Arbeitsplatzes gehören auch zwei seiner Werke, „die bei mir Zuhause nicht hingehangen werden durften“. Das sind große Gemälde, bei denen sich Viehmann richtig austobt. „Dann drücke ich einfach eine dicke Tube Farbe aus und schaue, was passiert.“ Auch Dreck aus dem Garten findet Verwendung, wenn der 55 Jahre alte Familienvater seine experimentelle Ader auslebt.

Man könnte den Eindruck gewinnen, Kaus Viehmann hätte sich auch als Vollblutkünstler nicht schlecht gemacht. Die Kunst zum Beruf zu machen, sei aber nie eine Option gewesen. Dazu sei der 55-Jährige zu bodenständig und zu sehr Familienmensch. Ein Künstler könne sich nur richtig entfalten, wenn er sich zu hundert Prozent auf sich und seine Kunst konzentrieren kann und: „Persönliche Entfaltung auf Kosten des Familienlebens ist es nicht wert“, sagt Viehmann.

Lieber möchte er irgendwann seiner sieben Jahre alten Tochter das Handwerk der Kalligraphie nahe bringen, wenn sie möchte: „Es wäre schön, wenn sie mal ein bisschen da reinschnuppert. Im Moment hört sie aber nicht auf Sachen, die der Papa sagt.“