Krefeld Quilts als Willkommensgruß

Claudia Pfeil hat eine weltweite Initiative gestartet und schon 90 handgefertigte Steppdecken zum Verteilen erhalten.

Krefeld. Alle paar Tage bringt der Postbote neue Pakete mit den unterschiedlichsten Quilts in das Geschäft von Claudia Pfeil an der Ritterstraße. Die Krefelderin ist in den USA als Meisterin der aufwendig gesteppten Patchwork-Decken eine Berühmtheit. Sie hat mit ihren Art-Quilts schon zahlreiche Wettbewerbe gewonnen. Dennoch hat sie die Ursprünge dieser amerikanischen, handwerklichen Kunstform nicht vergessen: Gemeinsam etwas Schönes für die oftmals kargen Holzhütten der zugezogenen Siedler zu schaffen. Spontan hat sie zugunsten von Kriegsflüchtlingen die Aktion „Welcome-Quilts“ gestartet.

Foto: Andreas Bischof

Als sie zum ersten Mal vor Wochen die großen Flüchtlingsströme vor allem syrischer, vor dem Krieg fliehender Familien in den Medien sieht, geht ihr der Anblick unter die Haut. Sie will helfen. „Doch überall wo ich offiziell in Krefeld meine Idee und Hilfe vorgestellt habe, hörte ich zwar wohlwollenden Zuspruch, aber zu einem konkreten Kontakt kam es nicht“, erinnert sich die 54-Jährige noch immer ungläubig. Dann ging das Foto des am Strand von Bodrum tot angespülten kleinen Jungen um die Welt. „Ich spürte meinen Frust, diese Hilflosigkeit, und habe übers Internet meine weltweiten Kontakte für die Aktion Welcome mobilisiert.“

Mit vielleicht zehn Quilts für Flüchtlingsfamilien hat sie zu Beginn der Aktion vor vier Wochen gerechnet. „Aber das ist so ein Selbstläufer . . .“, sagt Claudia Pfeil und strahlt. Längst sind 90 wunderschöne Exemplare bei ihr eingetrudelt. 35 angekündigte Quilts stehen noch aus ebenso wie zwei Versandboxen, die derzeit noch beim Zoll warten. „Und ausgerechnet das Paket mit dem Quilt ,Willkommen’, der das Titelbild des Aufrufs ziert, ist verschwunden“, bedauert sie — und hofft weiter auf dessen Ankunft.

Die bei ihr liegenden Quilts stammen aus der ganzen Welt, aufwendig handgenäht, jeder ein Unikat, oftmals extra für die Flüchtlinge als Willkommensgeschenk genäht. Einige Quilterinnen haben nur die Tops, die kunstvoll gestaltete Oberfläche geschickt. Claudia Pfeil steuert die Vliesschicht und den Rücken bei und quiltet alles in ihrem Atelier zusammen.

„Von jedem einzelnen Stück weiß ich, von wem es stammt“, sagt sie. Sogar ihre stärkste Konkurrentin in den USA, Bethany Nemesh, hat zwei Tops beigesteuert. „Jeder hat sich überlegt, was den Empfängern gefallen könnte und es umgesetzt.“

Doch während auf der einen Seite Menschen in verschiedenen Ländern mit ihren Spenden die Kriegsflüchtlinge hier willkommen heißen wollen, stößt Claudia Pfeil bei der geplanten Verteilung an verschiedenen Stellen auf taube Ohren. Während der in der Glockenspitzhalle vom Land mit der Betreuung beauftragte Duisburger Verein „ZukunftOrientierteFörderung“ (ZOF) rigoros die Verteilung ablehnt und laut Claudia Pfeil die Quilts höchstens als Leihgabe für die Flüchtlinge genutzt sehen will, rät ihr die kommunale Ansprechpartnerin für die Flüchtlingsunterkunft an der Westparkstraße, alle Quilts bei DRK oder Caritas abzugeben. „Die könnten je nach Bedarf die Decken ja verteilen“, zitiert Claudia Pfeil.

Alle fürchteten zuviel Unruhe und möglicherweise Neid untereinander. Die engagierte Krefelderin sieht das aber nicht als Problem: „Die Quilts sind vor allem für die Kinder und die Frauen bestimmt, das kann man ja so auch begründen.“ Inzwischen hat sie mit Sabine Hilcker, Geschäftsführerin des Deutschen Rotes Kreuzes in Krefeld, Unterstützung an ihrer Seite. „Die Quilts sollen in die Hände derjenigen, für die sie auch gedacht waren und ihnen ein Stückchen Wärme und Geborgenheit bieten“, sagt Claudia Pfeil.

Die ersten Welcome-Geschenke haben mit Hilfe einer ehrenamtlichen Gruppe inzwischen eine Flüchtlingsfamilie in ihrer neuen Wohnung erreicht. Montagabend konnte Claudia Pfeil in Begleitung Quilts an vier syrische Kinder überreichen. „Das Jüngste mit drei Jahren hat die Decke gar nicht mehr losgelassen, immer wieder darüber gestrichen und sich darin vorsichtig eingemummelt.“ Auch die Augen der älteren Geschwister haben zu strahlen angefangen, wenn sie auch wegen der Beschenkung sichtlich verlegen gewesen seien.

„Wenn jeder ein bisschen helfen würde, wäre die Welt ein Stückchen besser“, sagt Claudia Pfeil ohne Pathos in der Stimme. Die Reaktionen auf ihrer Facebook-Seite „Welcome-Quilts“ bestärken sie darin. Da schreiben Spenderinnen ihr: „Danke, dass ich was tun konnte.“